Stadtschloss Landtag Potsdam Juni 2013

Umfang der Ausschreibungspflicht – Auslegung des Vertrages

BGH, 21.3.2013, VII ZR 122/11: Der öffentliche Auftraggeber hat in der Leistungsbeschreibung eine Schadstoffbelastung auszuhebenden und zu entfernenden Bodens nach den Erfordernissen des Einzelfalls anzugeben. Sind erforderliche Angaben zu Bodenkontaminationen nicht vorhanden, kann der Bieter daraus den Schluss ziehen, dass ein schadstofffreier Boden auszuheben und zu entfernen ist (Anschluss an BGH, Urteil vom 22. Dezember 2011, VII ZR 67/11, BGHZ 192, 172). Interessant ist, dass also der BGH zur Abgrenzung der nach den Hauptpositionen zu erbringenden Leistungen und den nachtragsfähigen zusätzlichen Leistungen auch auf die Pflichten Ausschreibung nach § 7 VOB/A und DIN 18300 Abschn 0.2.3 zurückschaut.

Art der Mängelbeseitigung und der Ersatzvornahme

BGH 7.3.2013 VII ZR 119/10

1. Der Auftraggeber kann gemäß § 4 Nr. 7 Satz 1 (jetzt § 4 Abs. 7 Satz 1) VOB/B vor der Abnahme verlangen, dass bereits vorhandene Mängel beseitigt und das Werk vertragsgerecht hergestellt wird. Er kann jedoch, wie nach der Abnahme, keine bestimmte Art der Mängelbeseitigung oder vertragsgerechten Herstellung verlangen, wenn der Vertrag auch auf andere Weise erfüllt werden kann. Neuherstellung kann der Auftraggeber nur dann fordern, wenn die vertragsgerechte Erfüllung auf andere Weise nicht möglich ist (im Anschluss an BGH, Urteil vom 5. Mai 2011, VII ZR 28/10, BauR 2011, 1336 = NZBau 2011, 413 = ZfBR 2011, 550).

2. Der sachkundig beratene Auftraggeber kann regelmäßig die Fremdnachbesserungskosten verlangen, die ihm aufgrund dieser Beratung entstanden sind. Der Auftragnehmer hat die Kosten selbst dann zu erstatten, wenn sich die zur Mängelbeseitigung ergriffenen Maßnahmen im Nachhinein als nicht erforderlich erweisen.

Preiswucher und Nachtragsmanagement

BGH 14.3.2013 VII ZR 116/12 und BGH 7.3.2013 VII ZR 68/10

1. Steht die nach § 2 Abs. 3, 5 und/oder 6 VOB/B zu bestimmende Vergütung für Mehrmengen, geänderte Leistungen  und/oder zusätzlichen Leistungen in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung, kann die dieser Preisbildung zugrunde liegende Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig sein.

2. Beträgt die nach § 2 Nr. 3 oder Nr. 5 VOB/B zu bestimmende Vergütung das 22-fache oder beträgt die nach § 2 Nr. 6 Abs. 2 VOB/B zu bestimmende Vergütung nahezu das Achtfache des üblichen Preises, kann ein auffälliges Missverhältnis vorliegen. Ein auffälliges Missverhältnis ist nur dann wucherähnlich, wenn der aufgrund dieses auffälligen Missverhältnisses über das übliche Maß hinausgehende Preisanteil sowohl absolut gesehen als auch im Vergleich zur Gesamtauftragssumme in einer Weise erheblich ist, dass dies von der Rechtsordnung nicht mehr hingenommen werden kann. Unter diesen Voraussetzungen besteht eine Vermutung für ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben des Auftragnehmers.

3. Hat der Auftragnehmer diese Vermutung durch den Nachweis entkräftet, ihm sei bei der Preisbildung zu seinen Gunsten ein Berechnungsfehler unterlaufen, so verstößt es gegen Treu und Glauben und stellt eine unzulässige Rechtsausübung dar, wenn er den hierauf beruhenden, in einem auffälligen, wucherähnlichen Missverhältnis zur Bauleistung stehenden Preis für Mehrmengen oder geänderte Leistungen oder zusätzlichen Leistungen verlangt.

4. Vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte zum mutmaßlichen Parteiwillen ist in diesen Fällen entsprechend § 632 Abs. 2 BGB die übliche Vergütung geschuldet (im Anschluss an BGH, Urteil vom 7. März 2013, VII ZR 68/10, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). An die Stelle der nichtigen Vereinbarung über die Vergütung tritt die Vereinbarung, die Leistungen nach dem üblichen Preis zu vergüten (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008, VII ZR 201/06, BGHZ 179, 213).