heiligerseepotsdamnovember12

Themen

  • Mehrkosten wegen verzögerter Vergabe
  • Hemmung der Verjährung
  • Vertragsstrafe Aufrechnung in den Vertragsketten
  • Abgrenzung zwischen Bauwerk und Arbeiten am Grundstück für die Gewährleistungsdauer

Mehrkosten wegen verzögerter Vergabe

  1. Erteilt der Auftraggeber in einem öffentlichen Vergabeverfahren über Bauleistungen den Zuschlag auf das Angebot des Bieters unter Herausnahme einzelner Leistungen, ohne dass dies in der Ausschreibung so vorgesehen ist, liegt darin gemäß § 150 Abs. 2 BGB die Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Angebot des Auftraggebers.
  2. Enthält das neue Angebot wegen der Verzögerung des Vergabeverfahrens eine neue Bauzeit und bringt der Auftraggeber eindeutig und klar zum Ausdruck, dass er den Vertrag mit diesen Fristen zu dem angebotenen Preis bindend schließen will, kann es nicht dahin ausgelegt werden, der Zuschlag sei auf eine Leistung zur ausgeschriebenen Bauzeit erteilt worden.
    (Fortführung von BGH, Urteile vom 22. Juli 2010, VII ZR 213/08, BGHZ 186, 295 und VII ZR 129/09, BauR 2010, 1929 = NZBau 2010, 628 = ZfBR 2010, 810; Urteil vom 25. November 2010, VII ZR 201/08, BauR 2011, 503 = NZBau 2011, 97 = ZfBR 2011, 235).
  3. Ein solches modifiziertes Angebot des Auftraggebers kann regelmäßig nicht dahin ausgelegt werden, dass stillschweigend das Angebot unterbreitet wird, die Vergütung wegen dem Auftragnehmer infolge der Bauzeitänderung etwa entstehender Mehrkosten in Anlehnung an die Grundsätze des § 2 Nr. 5 VOB/B anzupassen.
  4. Nimmt der Bieter das modifizierte Angebot an, muss er die Leistung in der neuen Bauzeit zu den vereinbarten Preisen erbringen.

BGH 6.9.2012 VII ZR 193/10

Hemmung der Verjährung

Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt nicht vor, wenn ein Unternehmer auf Aufforderung des Bestellers eine Mängelbeseitigung vornimmt, dabei jedoch deutlich zum Ausdruck bringt, dass er nach seiner Auffassung nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist.

BGB § 212 Abs 1 Nr 1, § 634a.

 BGH 23.8.2012 VII ZR 155/10

Vertragsstrafe Aufrechnung in den Vertragsketten

Ein Hauptunternehmer ist nicht berechtigt, die Zahlung des dem Nachunternehmer zustehenden Werklohns so lange zu verweigern, bis in einem Rechtsstreit zwischen ihm und seinem Auftraggeber geklärt ist, ob der Auftraggeber gegen den Werklohnanspruch des Hauptunternehmers zu Recht mit einer von diesem bestrittenen Vertragsstrafe aufrechnet, die der Auftraggeber wegen einer Verzögerung der Nachunternehmerleistung geltend macht.

BGH 6.9.2012 VII ZR 72/10

 Abgrenzung zwischen Bauwerk und Arbeiten am Grundstück für die Gewährleistungsdauer

  1.  Arbeiten an Grund und Boden (insbesondere Erdarbeiten oder unmittelbar damit verbundene Leistungen), die nicht mit einer Bauwerkserrichtung in Zusammenhang stehen (z.B. Gartengestaltung, für sich allein vorgenommene Bagger- bzw. Planierungsarbeiten etc.) sind im Sinne einer Veränderung des natürlichen Zustandes von Grund und Boden bzw. Gestaltung des Erdbodens selbst für sich als Endziel andere Werke i.S. von § 13 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B 2006.
    Als Arbeiten an einem Grundstück bzw. als andere Werke gelten auch solche Arbeiten, die an auf einem Grundstück stehenden Gebäuden vorgenommen werden, aber wegen ihrer Eigenart (weil sie nicht die Funktionsfähigkeit des Bauwerks oder einen Bauwerksteil in seiner Substanz betreffen) nicht als Arbeiten an einem Bauwerk geltend.
    Als Arbeiten an einem Bauwerk gelten auch solche Arbeiten bzw. Erneuerungsarbeiten, die an die bestimmungsgemäße Substanz des Bauwerks oder eines Teils davon gehen. bzw. als Maßnahmen im Sinne einer Bauwerkserhaltung (z.B. Ersetzung des alten Fußbodens durch einen neuen) zu werden sind.
  2. Werden in einem einheitlichen Bauvertrag sowohl Arbeiten an einem Bauwerk als auch Arbeiten an einem Grundstück erfasst (insofern als gemischte Leistungen), ist nicht eine Aufteilung in der Weise vorzunehmen, dass die mit dem Bauwerk nicht zusammenhängenden Leistungen als Arbeiten am Grundstück (bzw. nunmehr andere Werke) und die übrigen Leistungen als Arbeiten an einem Bauwerk einzuordnen sind; vielmehr handelt es sich dann für den ganzen Auftrag insgesamt um Arbeiten an einem Bauwerk mit der hierfür maßgeblichen längeren Verjährungsfrist.
  3. Der Werkunternehmer muss – im Hinblick auf seine Erfolgshaftung für ein funktionstaugliches Gesamtwerk – seine Werkleistung grundsätzlich immer so erbringen, dass sie eine geeignete Grundlage für die darauf aufzubauende weitere Leistung ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Werkunternehmer mit eventuellen dem Bauherrn bzw. nachfolgenden Unternehmern nicht hinreichend bekannten Risiken rechnen musste.

OLG Düsseldorf, 15.5.2012, 23 U 118/11