1. Sowohl im Fall der Mengenmehrung als auch der geänderten Leistung ist die Ermittlung des neuen Preises für die Mehrleistung im VOB/B-Vertrag auf der Grundlage der tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge vorzunehmen.
2. Der Auftragnehmer hat die tatsächlich erforderlichen Kosten schlüssig darzulegen. Will er mangels Nachweisbarkeit der Kosten auf Marktpreise abstellen, erfordert dies eine substanziierte Darlegung der zum Zeitpunkt der Bauausführung geltenden Marktpreise.
3. Baustellenbezogene Gemeinkosten können nicht als Zuschlag, sondern nur nach tatsächlichen Kosten in Ansatz gebracht werden.
4. Soweit Allgemeine Geschäftskosten abgerechnet werden, ist dies zwar grundsätzlich über angemessene Zuschläge möglich. Allerdings kann die Angemessenheit des Zuschlags nicht mit dem Verweis auf die Kalkulation des Auftragnehmers begründet werden.
5. Die Kosten für die Erstellung eines Nachtragsangebots sind nicht vom Auftraggeber als Mehrkosten zu erstatten.

Worum ging es?

Ein öffentlicher Auftraggeber beauftragte einen Auftragnehmer vor Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts im BGB, also vor dem 01.01.2018, unter Einbeziehung der VOB/B mit Bauleistungen an einer Kreisstraße. Gemäß dem vertraglicher Leistungsbeschreibung sollten  13 Kopflöcher hergestellt werden. Tatsächlich wurden 35 ausgeführt. Der Auftraggeber hatte diese Anzahl durch Markieren der entsprechenden Schieberkappen und Hydranten mit Prüffarbe durch den zuständigen Wassermeister angeordnet. Der Auftraggeber hatte die die daraus resultierenden Mehrmengen zu den ursprünglich (für die 13 Kopflöcher) vereinbarten Einheitspreisen anerkannt. Für darüber hinausgehenden Mehraufwand, Mehrkosten aufgrund der durch die Mengenüberschreitung entstandenen Bauzeitverlängerung und solche der Nachtragsbearbeitung machte der Auftragnehmer eine Mehrvergütung von zuletzt noch gut 105.000 Euro geltend. Diese bezifferte er zunächst auf der Grundlage seiner Urkalkulation. Im Prozessverlauf stellte der Auftragnehmer die (Mehr-) Vergütungsberechnung (vermeintlich) auf tatsächlich erforderliche Kosten mit angemessenen Zuschlägen um.

Ohne Erfolg! Nach Ansicht des OLG Koblenz gelang es dem Auftragnehmer nicht, den gegen den Auftraggeber gerichteten Zahlungsanspruch der Höhe nach schlüssig darzulegen. Das OLG schloss sich zunächst der Rechtsprechung an, wonach die Preisanpassung wegen Mehrmengen nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B mangels Rechtsfolgenregelung nach tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen zu erfolgen habe (BGH, Urteil vom 08.08.2019 – VII ZR 34/18). Das gelte auch für die Anpassung der Vergütung wegen geänderten Bauentwurf nach § 2 Abs. 5 VOB/B (Kammergericht, Urteil vom 27.08.2019 – 21 U 160/18; OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.12.2019 – 5 U 52/19; OLG Brandenburg, Urteil vom 22.04.2020 – 11 U 153/18), weshalb offenbleiben könne, ob es sich um Mehrmengen oder eine Bauentwurfs- (Leistungs-) änderung handele. Allerdings sei bereits der geltend gemachte Zeitansatz von 1,1 ³/Std. den vorgelegten Bautagebüchern nicht zu entnehmen. Bezüglich der Gerätekosten nahm der Auftragnehmer auf Marktpreise Bezug, habe diese aber nicht hinreichend dargelegt. Zweifelhaft sei auch gewesen, ob er bezüglich der Lohnkosten den Mittellohn ansetzen könne. Die als Zuschlag geltend gemachten Baustellengemeinkosten könnten änderungsbezogen nur als tatsächliche Kosten abgerechnet werden. Dies – so das OLG – gelte auch für die in der änderungsbedingt verlängerten Bauzeit angefallenen Kosten. Der Auftragnehmer habe auch nicht zwischen der Bauzeit für die geschuldeten und der für die geänderten Leistungen differenziert. Schließlich seien Kosten der Nachtragsbearbeitung nicht „erstattungsfähig“.

Natürlich ein unangenehmes Urteil für den Auftragnehmer. Aber möglicherweise vorhersehbar. Denn das OLG folgte der wohl herrschenden Meinung zur Anwendung der Regelungen im § 650c Abs. 1 S. 1 BGB, wonach „die Höhe des Vergütungsanspruchs für den infolge einer Anordnung des Bestellers nach § 650b Absatz 2 vermehrten oder verminderten Aufwand … nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln“ ist. Das Abstellen auf Marktpreise anstatt auf tatsächlichen Kostenaufwand hatte der BGH nur für die entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 5 VOB/B bei verschobenem Zuschlag zugelassen. Als „tatsächliche Kosten“ dürften diese demgegenüber nicht anzusehen sein.