Wieder einmal hatte sich der BGH mit dem seit langem für die Baupraxis wichtigen Thema „Stillstand von Baugeräten“ und damit verbunden der Frage beschäftigt, inwieweit Bauausführende hierfür finanziellen Ausgleich von ihrem Auftraggeber im Wege des § 2 Abs. 5 VOB/B bzw. § 2 Abs. 6 VOB/B fordern dürfen.

Die Position des BGH: Führt ein gemäß § 1 Abs. 3 VOB/B geänderter Bauentwurf bzw. eine nach § 1 Abs. 4 VOB/B zusätzlich verlangte Leistung zu einem Stillstand von Baugeräten, welche für Folgeleistungen benötigt werden, besteht wegen diesbezüglichen Aufwands ein Anspruch Anpassung der Vergütung gemäß § 2 Abs. 5 VOB/B bzw. auf zusätzliche Vergütung nach § 2 Abs. 6 VOB/B.

Der Entscheidung lag folgender – gerade zu klassischer – Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte beauftragte die Klägerin mit dem Gewerk Schadstoffsanierung und Abbrucharbeiten. Nach Beginn der Abbrucharbeiten wurde eine bis dahin unbekannte asbesthaltige Rohrisolierung vorgefunden, die saniert werden musste, bevor der Abbruch des Gebäudes fortgesetzt werden konnte. Die Mehrkosten hierfür wurden von der auftragnehmenden Klägerin mit einem Nachtragsangebot geltend gemacht und von dem Beklagten bis auf die Gerätevorhaltung von einem Kettenbagger akzeptiert. In der Folgezeit stellte sich weiter heraus, dass Mehrleistungen wegen der höheren Asbestbelastung von PVC-Böden und asbesthaltigen Klebers notwendig werden würden. Der asbestbelastete PVC-Boden konnte nicht wie vereinbart, sondern nur in einem wesentlich aufwändigeren als dem vertraglich vorgesehenen Verfahren, entfernt werden. Dies hatte zur Folge, dass der Abbruch erst nach 32-tägigen Stillstand erfolgen konnte. Die hierdurch entstehenden Mehrkosten für die Sanierung wurden angeboten und beauftragt. Den Ausgleich der geltend gemachten Vorhaltekosten für zwei Kettenbagger akzeptierte der Beklagte hingegen nicht. Mit der Klage begehrte der Auftragnehmer die durch den Stillstand entstandenen Kosten.

Das Berufungsgericht (OLG Köln, Grundurteil vom 03.02.2021 – 11 U 136/18) hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, indem es Ansprüche aus § 2 Abs. 5 VOB/B und § 2 Abs. 6 VOB/B feststellte. Einen Anspruch aus § 6 Abs. 6 S. 1 VOB/B (Schadensersatz) verneinte das Berufungsgericht, da der Beklagte zur Anordnung der zusätzlichen bzw. geänderten Leistungen befugt war. Es fehlt mithin an der vorausgesetzten Verletzung vertraglicher Pflichten. Ebenso verneinte das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 6 Abs. 6 S. 2 VOB/B i. V. m. § 642 BGB (Entschädigung), da die Gerätevorhaltekosten nicht auf einer unterbliebenen Mitwirkungshandlung des Beklagten beruhen würden. Gegen das Grundurteil legte der Beklagte das Rechtsmittel der Revision ein. Die Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Zunächst ist festzuhalten, dass mit der Entscheidung des BGH die Revision (nur) gegen ein Grundurteil, also ein Urteil lediglich über den Grund des Anspruchs und nicht über die Höhe, zurückgewiesen wurde. Vor diesem Hintergrund verhält stellte der BGH auch nichts zur Höhe des Anspruchs fest, während das Berufungsgericht hierzu – wegen der Urteilsart allerdings wohl unzulässig – ausführte, die Berechnung sei mangels Einigung der Parteien auf der Basis der tatsächlich erforderlichen Kosten (§ 650 c BGB) vorzunehmen. Die Hoffnung, dass der BGH mit der Revisionsentscheidung eine Aussage zur Bemessung der Vergütung von Nachtragsleistungen treffen würde, wenn die Parteien diesbezüglich keine Einigung erzielen konnten, wurde damit leider enttäuscht. Siehe hierzu die aktuelle, durchaus nicht als klar und übersichtlich zu bezeichende Rechtssprechung:

Zu den fehlenden Erfolgsaussichten der Revision führt der für Bausachen zuständige 7. Zivilsenat aber zunächst aus, dass § 6 Abs. 6 VOB/B, der den finanziellen Ausgleich bei Behinderungen und Unterbrechungen regelt, keine abschließende Sonderregelung mit der Folge darstelle, dass Ansprüche nach § 2 Abs. 5 VOB/B betreffend Stillstandskosten während der Unterbrechung oder Verschiebung der Bauzeit von vornherein ausgeschlossen seien. Der strittige Nachtrag betreffend die Sanierung der asbesthaltigen Rohrisolation stelle eine zusätzliche Leistung gemäß § 2 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 VOB/B dar. Daraus resultiere ein Vergütungsanspruch für Stillstandskosten des für die Folgegewerke benötigten und vorgehaltenen Baggers. Gleiches gelte für die Vorhaltung der Baugeräte während der Entfernung der PVC-Böden. Auch diese mussten für die Folgegewerke vorgehalten werden, wodurch Stillstandskosten entstanden. Der diesbezügliche Anspruch folge allerdings aus § 2 Abs. 5 VOB/B (geänderter Bauentwurf).

Mit seinem Urteil bestätigt der BGH die in der Rechtsprechung und juristischen Literatur herrschende Meinung und schafft insoweit Klarheit zu einer geradezu klassischen Situation „am Bau“.

Aufgrund der Art des angegriffenen Urteils ungeklärt, ist leider weiterhin die Frage, ob die Rechtsprechung des BGH zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B (BGH, Urteil vom 08.08.2019 – VII ZR 34/18) auch auf § 2 Abs. 5 VOB/B bzw. § 2 Abs. 6 VOB/B übertragbar ist, was wohl der herrschenden Meinung gemäß sein dürfte. Mit dem Urteil vom 08.08.2019 entschied der BGH zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B, dass der Einheitspreis für die über 110 % der ursprünglichen Menge hinaus gehenden Menge nach den tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge für Allgemeine Geschäftskosten und Wagnis und Gewinn zu bemessen sei, sofern keine anderweitige Vereinbarung zwischen den Bauvertraghsparteien getroffen wurde. Für die Praxis „knifflig“ ist dabei allerdings die Frage, wie die „tatsächlich erforderlichen Kosten“ bei Gerätestillstand und hier insbesondere beim Stillstand von Eigengeräten „rechtskonform“ zu bemessen ist, da diese (z.B. infolge Wertverlust oder auch unter Beachtung steuer- oder auch versicherungsrechtlicher Aspekte) praktisch nur bedigt bezifferbar sein dürften. Unter Anwendung der Rentabilitätsvermutung dürfte wohl der Marktpreis entscheidend sein. Sicher aber ist das nicht im rechtlichen Sinne.

Jedenfalls aber sollten etwaige Stillstandskosten (wie Fall, den der BGH zu entscheoiden hatte) zum Gegenstand eines Nachtragsangebotes gemacht werden. Hierdurch begegnet ein Auftragnehmer dem regelmäßig zu hörenden Einwand des Auftraggebers, diese seien von der vereinbarten Vergütungsregelung für die „tatsächlichen“ Nachtragsleistungen bereits erfasst. Alternativ kann in einem Nachtragsangebot auch klargestellt werden, dass die Geltendmachung etwaiger Stillstandskosten vorbehalten bleibt. Die erstgenannte Alternative dürfte Streit vermeiden und eröffnet den Weg zu § 650 c Abs. 3 BGB, sofern man dessen Anwendbarkeit im VOB/B-Vertrag bejaht (vgl. hierzu. Kammergericht, Urteil vom 02.11.2021 – 27 U 120/21). Nach § 650c Abs. 3 BGB kann der Unternehmer bei der Berechnung von vereinbarten oder gemäß § 632 a BGB geschuldeten Abschlagszahlungen 80 Prozent einer in einem Nachtragsangebot genannten Mehrvergütung ansetzen.