1. Der Architekt schuldet keine optimale Planung. Er muss nicht die Lösung wählen, die am besten geeignet ist.
2. Macht der Bauherr bestimmte Vorgaben – hier für die Höhenlage des Gebäudes -, sind diese für den Architekten verbindlich; eine Abweichung hiervon führt regelmäßig zu einem Mangel des Architektenwerks.
3. Hat die vom Architekten vorgeschlagene und realisierte Planungsvariante zu Mehrkosten geführt, kann eine Pflichtverletzung nicht angenommen werden, wenn sich die Mehrkosten in einem Toleranzrahmen von 30% halten.
4. Bei Verletzung von Aufklärungspflichten kann nicht ohne Weiteres ein beratungsgerechtes Handeln unterstellt werden. Eine typisierende Betrachtungsweise, wonach davon auszugehen sei, dass sich der Auftraggeber bei der geschuldeten Aufklärung sachgerecht verhalten hätte, verbietet sich.

Ein Bauherr beauftragte einen Architekten mit der Planung eines Einfamilienhauses. Der Vertrag sah einen Höhenunterschied von 18 cm zwischen Oberkante Gelände und Fertigfußboden vor. Dieser Höhenunterschied wurde in der Ausführung nicht gewährleistet. Der Architekt hatte das Haus in einer Höhe geplant, die die Errichtung einer Drainage erforderlich machte. Die Drainage wurde ohne Rücksprache mit dem Bauherrn geplant und hergestellt. Hierdurch entstanden Mehrkosten gegenüber einer höheren Anordnung des Gebäudes von ca. 30%. Der Bauherr verlangte vom Architekten die Kosten für eine Höherlegung i. H. v. 186.500 Euro als Schadensersatz.

Ohne Erfolg! Es lag nach Ansicht des OLG Schleswig kein Planungsmangel vor. Der Architekt schulde keine „optimale“ Planung. Er habe auch nicht die am besten geeignete Variante der Ausführung auszuwählen. Der Architekt war nicht verpflichtet, eine Planungsvariante zu wählen, die eine Drainage entbehrlich machen würde. Allerdings hatte der Architekt die Vorgabe des Bauherrn für den Höhenunterschied von 18 cm zwischen Gelände und Fußboden zu beachten, weil diese verbindlich vereinbart worden sei. Sofern ein Architekt von solchen Vereinbarungen abweicht, würde dies regelmäßig zu einer mangelhaften Planung führen. Allerdings konnte der Architekt vorliegend zur Zeit der Planung die tatsächliche Höhe der später ausgeführten Außenanlagen (und damit die Oberkante des Geländes) noch nicht kennen. Weil gemäß seiner  Planung der vereinbarte Höhenunterschied vorhanden war, war die Planung auch also auch insoweit nicht mangelhaft. Zwar hat die Planung der (bei dieser Höhenlage erforderlichen) Drainage zu Mehrkosten geführt. Diese bewegten sich aber in einem Toleranzrahmen von 30 %, der bei Baukostenüberschreitungen üblicherweise einschlägig sei. Es lag – so das OLG weiter – auch keine Verletzung einer Aufklärungspflicht vor, weil der Architekt nicht ohne Weiteres erkennen konnte, dass durch eine Höherlegung die Drainage entfallen würde. Im Übrigen kann bei Verletzung von Aufklärungspflichten nicht ohne Weiteres ein beratungskonformes Verhalten unterstellt werden. Bei Baukostenüberschreitungen verbietet sich eine typisierende Betrachtung, wonach davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bauherr beratungsgerecht verhalten hätte.

Das Urteil des OLG Schleswig ist sehr fragwürdig. Ein Planungsmangel kann eigentlich nicht deshalb verneint werden, weil die Kosten im Rahmen einer Toleranz liegen, wobei die „Spielregeln“ des Mangelrechts – §§ 633 ff. BGB keinen Toleranzrahmen einräumen. Und es geht eigentlich auch nicht um eine Baukostenüberschreitung, sondern um eine gegebenenfalls mangelhafte, weil unwirtschaftliche Planung. Es ist nämlich grundsätzlich „erwartbare“ (vgl. § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB) Aufgabe des Architekten, ein Objekt so zu planen, dass unnötige, sprich nicht zwingend erforderliche Kosten vermieden werden. Wäre vorliegend die Drainage bei einer Höherlegung des Gebäudes entfallen, wären Kosten nicht angefallen. Dies begründet eine Haftung. Daran ändert auch der Umstand, dass die Kosten innerhalb irgendeiner – ungeregelten – Toleranz liegen, nichts.