1. Um die tatsächliche Bauleistung zu ermitteln, bedarf es in der Regel des Aufmaßes. Das Aufmaß ist grundsätzlich vor Ort und nicht nur auf der Basis von Plänen zu nehmen.
2. Scheitert das vereinbarte gemeinsame Aufmaß, führt das nicht zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Auftragnehmers hinsichtlich der von diesem festgestellten Leistungsangaben, sondern diese verbleibt beim Auftragnehmer.
3. Eine Beweislastumkehr ist nur anzunehmen, wenn der Auftraggeber zu einem gemeinsamen Aufmaß aufgefordert wird, dieser aber die Teilnahme grundlos verweigert und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist.

Ein Auftragnehmer verlangte vom Auftraggeber Zahlung von Restwerklohn aus einem vorzeitig durch Kündigung beendeten VOB/B-Bauvertrag. Ein gemeinsames Aufmaß kam nicht zustande. Der Auftraggeber bestritt, dass das – einseitig genommene – Aufmaß des Auftragnehmers zutrifft.

Mit Erfolg!

Grundsätzlich liege – so das Kammergericht – die Darlegungs- und Beweislast für die Erbringung der abgerechneten Leistungen beim Auftragnehmer. Für die Ermittlung der Leistung bedarf es regelmäßig eines Aufmaßes. Eine Beweislastumkehr zu Lasten des Auftraggebers tritt nur ein, wenn der Auftraggeber die Teilnahme am Aufmaßtermin grundlos verweigerte und ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist. Im vorliegenden Fall verweigerte der Auftraggeber das Aufmaß aber nicht grundlos, weil der Auftragnehmer seine Rotstricheintragungen nicht rechtzeitig zum Aufmaßtermin übermittelte.

Die Entscheidung des Kammergerichts steht im Einklang mit der seit langem herrschenden Ansicht. Auch nach vollständiger oder – wie vorliegend – einer vorzeitigen Beendigung des Vertrags durch Kündigung verpflichtet die VOB/B die Parteien zur gesteigerten Kooperation, um später aufwändige Streitigkeiten zu vermeiden. So regelt z. B. § 14 Abs. 2 Satz 1 VOB/B („Die für die Abrechnung notwendigen Feststellungen sind dem Fortgang der Leistung entsprechend möglichst gemeinsam vorzunehmen.„), dass ein Aufmaß „möglichst gemeinsam“ vorzunehmen sei. Auf Seiten des Auftragnehmers entspricht dies dem Interesse, den Umfang der erbrachten Leistungen festzustellen und abrechnen zu können. Auf Seiten des Auftraggebers erlaubt die Dokumentation des erreichten Bautenstands gerade im Fall der vorzeitigen Beendigung des Vertrags eine planbarere Fortführung des Bauvorhabens. Im Einzelfall kann das gemeinsame Aufmaß die Wirkung eines deklaratorischen Anerkenntnisses haben (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., Teil 4 Rz. 571 m.w.N.). Scheitert das gemeinsame Aufmaß, weil der Auftraggeber dem Aufmaßtermin unberechtigt fernbleibt, hat dies noch keine prozessualen Konsequenzen. Anders verhält es sich allerdings, wenn nach unberechtigtem Fernbleiben des Auftraggebers ein neues Aufmaß nicht mehr möglich ist, etwa weil das Werk durch einen Drittunternehmer fertig gestellt worden oder durch nachfolgende Arbeiten verdeckt ist. Dann liegt die Beweislast für die Richtigkeit der Mengen und Massen bzw. die Unrichtigkeit der vom Auftragnehmer angesetzten Mengen und Massen beim Auftraggeber (vgl. BGH, IBR 2003, 347).