1. Nimmt der Auftraggeber die Leistung ohne Vorbehalt ab, hat das u. a. zur Folge, dass er in Bezug auf eine von ihm in der Folgezeit behauptete Mangelhaftigkeit der Leistung darlegungs- und beweisbelastet ist.
2. Für die Beurteilung, ob die Leistung mangelhaft ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Abnahme an. Die Mangelhaftigkeit der Leistung kann nicht allein mit einem nach der Abnahme eingetretenen Zustand begründet werden.

Ein Auftragnehmer errichtet ein Holzrahmenhaus. Nach der Abnahme kam es zum Streit mit dem Auftraggeber. In einem selbständigen Beweisverfahren wurde festgestellt, dass das Wohnhaus nicht die geschuldete Dichtheit erreichte. Der Auftraggeber führte das auf Ausführungsmängel, der Auftragnehmer auf von ihm nicht veranlasste bauliche Veränderungen nach der Abnahme zurück. Als der Auftragnehmer auf Restwerklohn klagte, machte der Auftraggeber ein Zurückbehaltungsrecht geltend. Die Beweisaufnahme in erster Instanz ergab, dass der Auftragnehmer Fugen zwischen der Betonsohle und den aufgehenden Wänden stellenweise nicht sorgfältig abgedichtet hatte. Ob das Bauwerk allein deshalb die geschuldete Dichtheit verfehlte, konnte nicht geklärt werden. Möglicherweise war der geschuldete Grenzwert deswegen verfehlt worden, weil auch weitere und nicht vom Auftragnehmer ausgeführte Bauleistungen mangelhaft ausgeführt worden sind.

Die Werklohnklage hatte Erfolg!

Für nach der Abnahme gerügte Mängel sei – so das OLG Oldenburg – der Auftraggeber darlegungs- und beweisbelastet. Für die Beurteilung, ob ein (Bau-)Werk mangelhaft sei, komme es dabei auf den Zeitpunkt der Abnahme an. Die Mangelhaftigkeit eines Werks kann daher nicht allein mit dem nach der Abnahme bestehenden Zustand eines Bauwerks begründet werden. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Massgaben sei es vorliegend dem Auftraggeber nicht gelungen, die tatsächlichen Voraussetzungen für die Begründung eines Mangels zu beweisen. Denn im Ergebnis der Beweisaufnahme konnte nicht geklärt werden, welche der zahlreichen Leckagen in welchem Umfang zur Überschreitung des für die Gebäudedichtheit maßgebenden Grenzwerts beigetragen haben.

Der Fall ist interessanter, als die beiden zutreffenden Leitsätze es ahnen lassen. Ausweislich der Entscheidungsgründe hatte der Auftragnehmer die Fugen zwischen der Betonsohle und den aufgehenden Wänden stellenweise nicht fachgerecht abgedichtet. Diesen Baumangel hat der Auftragnehmer fraglos verursacht. Warum das OLG dem Auftraggeber insoweit nicht zumindest ein Zurückbehaltungsrecht zugestanden hat, ist den Entscheidungsgründen nicht zu entnehmen. Denkbar wäre, dass der Auftraggeber sein Zurückbehaltungsrecht allein auf die unzureichende Dichtheit der Gebäudehülle, nicht aber (auch) auf die in der Beweisaufnahme festgestellten Ausführungsmängel der Dichtungsfugen gestützt hat. Das wäre allerdings eine sehr formale Sicht! Nicht minder interessant ist weiter die Frage, ob der Auftragnehmer für die unzureichende Dichtheit des Gebäudes mängelweise haftet, wenn der geschuldete Grenzwert erst durch das Zusammenwirken mit von fremder Hand verursachten Baumängeln verfehlt wird. Mit dem OLG Düsseldorf (IBR 2015, 661) könnte der Auftragnehmer dann als Gesamtschuldner sowohl für die fachgerechte Behebung der eigenen als auch der von fremder Hand verursachten Mängel haften. Eine solche Haftung würde allerdings wohl den Nachweis voraussetzen, dass das Bauwerk bereits im Zeitpunkt der Abnahme nicht ausreichend dicht war. Diesen Nachweis konnte der Auftraggeber vorliegend aber gerade nicht führen.