1. Architekten, die ihrem Auftraggebern Vertragsklauseln oder sogar individualisierte Vertragsentwürfe mit sonstigen Planungs- und Baubeteiligten bereitstellen, bieten unzulässige Rechtsdienstleistungen an. Für entstehende Schäden haften sie persönlich.

2. Eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, ist wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig.

 

Ein beklagter Architekt wurde von einer klagenden Bauherrin mit Leistungen entsprechend der Leistungsphasen 1-8 beauftragt. Er stellte der Bauherrin einen Bauvertragsentwurf zur Verwendung gegenüber bauausführenden Unternehmen zur Verfügung. Der von einem Rechtsanwalt überprüfte Entwurf sah eine (unwirksame) Skontoklausel i. H. v. 3 % vor. Ein vorangegangener Rechtsstreit der Klägerin mit einem bauausführenden Unternehmen endete mit einem Vergleich. Wegen der unwirksamen Skontoklausel lies sich die Klägerin den einbehaltenen Betrag i. H. v. 125.098,75 Euro brutto auf die von ihr geltend gemachten Gewährleistungsansprüche anrechnen. Die Klägerin verlangte vom Architekten Ersatz dieser 125.098,75 Euro.

Zu Recht!

Der Architekt durfte der Klägerin die konkrete Skontoklausel nicht zu Verfügung stellen. Er verstiess damit gegen § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG). Dies führte zur Unwirksamkeit des Architektenvertrages. Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers und der Honoraranspruch des Architekten entfallen. Darüber hinaus haften Architekten für Schäden einer eventuell fehlerhaften Rechtsdienstleistung gemäß  § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 3 RDG. Ob die konkret „bereitgestellte“  Skontoklausel rechtlich wirksam oder unwirksam war, war unerheblich. Allein die Verpflichtung Rechtsdienstleistung zu erbringen, führt gemäß § 134 BGB zur Nichtigkeit des entsprechenden Vertrags. Eine Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine Prüfung des Einzelfalls erfordert. Erforderlich ist also die konkrete Subsumtion von Tatsachen unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen. Architekten dürfen demnach Rechtsnormen schematisch anwenden, wenn hiermit keine weitere rechtliche Prüfung verbunden ist. Ob die Rechtsfrage einfach oder schwierig ist, ist dabei unerheblich. Da im vom OLG Stuttgart zu bewertenden Sachverhalt eine Einzelfallbewertung festgestellt wurde, nämlich, ob die Verwendung der Klausel der Interessenlage der Bauherrin entsprach, lag eine Rechtsdienstleistung vor.

Einmal mehr hat ein Gericht – richtigerweise – festgestellt, dass Rechtsdienstleistungen nicht zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Architekten, auch nicht als Nebenleistung gehören – und die Architekten tunlichst „die Finger davon lassen sollten“! Das Aufgabengebiet und Berufsbild des Architekten sieht zwar einige – unvermeidbare – Berührungen zu Rechtsdienstleistungen vor. Der Architekt ist „im Kern“ verpflichtet, die erforderlichen Leistungen zu erbringen, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen (vgl. § 650 Abs. 1 BGB). Die hierfür notwendigen (Grund-) Kenntnisse des öffentlichen und privaten Baurechts hat er in der Beratung des Bauherrn zu gewährleisten. Denn er ist „geschäftlicher Oberleiter“, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn. In dieser Rolle hat er dem Bauherrn das planerische, wirtschaftliche und rechtliche Umfeld des Vorhabens zu erläutern. Er ist jedoch kein Rechtsberater des Bauherrn. Sobald eine Prüfung der Interessenlage im Einzelfall erforderlich ist, agiert der Architekt außerhalb seines Berufs- und Tätigkeitsbilds. Ist so etwas erforderlich, sollte er die Inanspruchnahme entsprechender Expertise, z. B. etwa die Hinzuziehung eines Fachanwalts für Bau- und Architektenrecht empfehlen.

Architekten, Ingenieure, Fachplaner sowie wohl auch Projektsteuerer, die „mal eben so“ die Nachtragsprüfung oder die (rechtliche) Mängelverfolgung (z.B. durch Fristsetzung und Kündigungsandrohung) für ihren Bauherren übernehmen, gehen unbewusst ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko ein! Mit der Rechtsprechung des BGH dürfte nun feststehen, dass sie für dieses Risiko persönlich haften. Denn Berufshaftpflichtversicherer sind nach A1-3.5 der AVB Arch./Ing. für Ansprüche nicht einstandspflichtig, die aus Tätigkeiten resultieren, die über die im Versicherungsschein beschriebene Tätigkeiten/Berufsbilder hinausgehen. Insoweit ist die gesamte Berufshaftpflicht nicht versichert.