1. Ein selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten Beweissicherung anderweitig beendet i.S.v. § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 28.10.2010 – VII ZR 172/09).
2. Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer – auch voneinander unabhängiger – Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Aufgabe von BGH, Urteil vom 03.12.1992 – VII ZR 88/92).

 

Ein Auftraggeber machte gegen den Auftragnehmer Ansprüche wegen zwei Mängeln einer Betonfertigteilfassade geltend. Zum einen ging es um Risse der Betonelemente. Zum anderen um Durchbiegungen der Fensterlamellen. Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist leitete er ein selbständiges Beweisverfahren ein. Innerhalb der Stellungnahmefrist zum ersten Ergänzungsgutachten des Sachverständigen, die bis zum 19.04.2013 lief, äußerten sich die Parteien nicht mehr zu den Rissen. Hinsichtlich der Lamellen wurde das Beweisverfahren fortgesetzt und endete am 23.03.2015. Mit der am 26.06.2015 eingereichten Klage verlangte der Auftraggeber wegen der Risse einen Kostenvorschuss i. H. v. 67.200 Euro sowie wegen der Mängel der Lamellen einen Kostenvorschuss i. H. v. 762.000 Euro. Das OLG Stuttgart wies im Berufungsverfahren die Klage hinsichtlich der Lamellen als derzeit unbegründet ab und gab der Klage hinsichtlich der Risse statt. Die Verjährung sei durch das  Beweisverfahren auch hinsichtlich der Risse bis zu dessen Abschluss am 23.03.2015 gehemmt gewesen. Dagegen wendete sich der Auftragnehmer. Er berief sich auf ein Urteil des BGH vom 03.12.1992 – VII ZR 88/92wonach die Hemmung der Verjährung durch ein Beweisverfahren über mehrere Mängel hinsichtlich des jeweiligen Mangels mit der Beweiserhebung über diesen Mangel endet.

Ohne Erfolg!

Der BGH änderte seine Rechtsprechung und wies die Revision zurück. Nach § 204 Abs. 2 BGB endet die Hemmung der Verjährung durch gerichtliches Verfahren sechs Monate nach der Beendigung des Verfahrens. Das Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der Beweiserhebung beendet. Dabei bezieht sich die sachliche Erledigung auch bei mehreren Mängeln auf das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 204 Abs. 2 BGB, der auf die Beendigung des eingeleiteten Verfahrens Bezug nimmt. So ist z. B. die Fristsetzung nach § 494a BGB erst nach Erledigung der gesamten Beweisaufnahme möglich. Das entspreche – so der BGH –  auch der Prozessökonomie. Es wäre für die Bauvertragsparteien unnötig umständlich und zeitaufwändig, müsste der Besteller Ansprüche wegen einzelner Mängel, deren Begutachtung abgeschlossen ist, gesondert geltend machen. Eine gütliche Einigung wird eher zu Stande kommen, wenn über alle behaupteten Mängel Klarheit bestehe und der Streit umfassend beendet werden könne. Die rechtliche Selbstständigkeit der Mängel und der aus ihnen resultierenden Ansprüche führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Hemmung der Verjährung durch gerichtliche Geltendmachung knüpfe nicht an den einzelnen Anspruch an, sondern an das eingeleitete Verfahren.