Zum Nachweis einer Verzögerungsentschädigung aus § 642 BGB genügt es nicht, die Verzögerung und die Stillstandszeit für Mannschaft und Gerät und die Vorhaltekosten darzustellen. Vielmehr muss vorgetragen werden, welche Differenz sich bei einem Vergleich zwischen einem ungestörten und dem verzögerten Bauablauf ergibt. Dafür bedarf es einer konkreten bauablaufbezogenen Darstellung.

 

Ein Auftragnehmer wurde von einem öffentlichen Auftraggeber mit Baumfäll- und Rodungsarbeiten beauftragt. Ein Eigentümer verweigert dem Auftragnehmer das Betreten seines Grundstücks. Der Auftragnehmer zeigte dem Auftraggeber Behinderung an. Im Nachgang beanspruchte er eine Entschädigung i. H. v. 6.400 Euro und begründete das damit, dass er seine Geräte nutzlos habe vorhalten müssen.

Ohne Erfolg!

Es könne offen bleiben, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 642 BGB i. V. m § 6 Abs. 6 Satz 2 VOB/B dem Grunde nach erfüllt seien – so das OLG Brandenburg. Zum Nachweis einer Verzögerungsentschädigung genüge es nicht, die Verzögerung und die Stillstandszeit für Mannschaft und Gerät und die Vorhaltekosten darzustellen. Vielmehr müsse konkret vorgetragen werden, welche Differenz sich bei einem Vergleich zwischen einem ungestörten und dem verzögerten Bauablauf ergeben habe. Macht ein Auftragnehmer einen Anspruch auf Entschädigung wegen Bauzeitverzögerung geltend, könne für die Darlegung des nachweislich entstandenen Schadens bzw. der angemessenen Entschädigung eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung erforderlich sein. Dafür müsse ein Auftragnehmer zunächst den bauvertraglich vereinbarten Bauablauf, dann die genaue Behinderung und schließlich deren konkrete Auswirkungen auf seine Leistungen darlegen. Zwar sei ein detaillierter Vergleich zwischen dem vereinbarten und dem verzögerten Bauablauf vorliegend nicht erforderlich, da lediglich die Verzögerung von weiteren Baumfällarbeiten im Raum gestanden habe. Allerdings habe der Auftragnehmer vorliegend zum Beleg seiner Entschädigung lediglich auf die Nachtragskalkulation Bezug genommen. Dort sei auf der Grundlage des Nachtragsangebots aufgeführt, dass Stillstandskosten zwischen 09:30 und 16:30 Uhr aufgetreten, und angeführt, welche der Preise für die davon betroffenen Bagger, Rückezug, Hacker und LKW angesetzt worden seien. Es sei weder erläutert noch sonst erkennbar, wie die angesetzten Kosten auf der Grundlage der Vorkalkulation ermittelt worden seien, insbesondere welche Kosten der Stillstand der eingesetzten Gerätschaften verursacht habe. Der AN habe den Nachtrag auf der Grundlage der in der Vorkalkulation mehrfach ausgewiesenen Preise für Bagger, Rückezug, Hacker und LKW ermittelt und diese Preise dann in Bezug auf den Stillstandszeitraum – wohl abzüglich einer Mittagspause – mit sechs Stunden ermittelt. Daraus sei auch unter Anlegung großzügiger Maßstäbe nicht ermittelbar, ob und wie diese Preise den gegenständlichen Stillstand zutreffend abbilden.

Ob die Sichtweise des OLG Brandenburg rechtens ist, ist äußerst fraglich. Das Urteil des OLG Brandenburg liest sich, als ob es aus einer Zeit vor der Entscheidung des BGH vom 30.01.2020 – VII ZR 33/19stammen würde. Seither gilt nämlich: § 642 BGB erfordert eine Abwägungsentscheidung des Tatrichters auf der Grundlage der in § 642 Abs. 2 BGB genannten Kriterien. Dabei ist die angemessene Entschädigung im Ausgangspunkt an den auf die unproduktiv bereitgehaltenen Produktionsmittel entfallenden Vergütungsanteilen einschließlich der Anteile für Allgemeine Geschäftskosten sowie für Wagnis und Gewinn zu orientieren. Der Tatrichter hat festzustellen, inwieweit während des Verzugs Produktionsmittel unproduktiv bereitgehalten wurden, und die hierauf entfallenden Anteile aus der vereinbarten Gesamtvergütung zu berücksichtigen, wobei er zur Schätzung (§ 287 ZPO) berechtigt ist. Die Entschädigung wird folglich auf kalkulatorischer Grundlage ermittelt. Der Maßstab, den das OLG Brandenburg angelegt hat, scheint also nicht der aktuellen Rechtslage gemäß zu sein.