Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers enthaltene Entschädigungspauschalierung auf 8% der Vergütung, die auf den Teil der Leistungen entfällt, die der Unternehmer bis zu einer freien Kündigung noch nicht ausgeführt hat, ist wirksam, wenn sie dem Vertragspartner den Nachweis gestattet, dass die Entschädigung niedriger als 8% ausfällt oder der Unternehmer keine Entschädigung zu beanspruchen hat.
Ein Fertighausanbieter hat in seinem Vertragswerk die pauschale Entschädigung im Fall einer freien Kündigung des Bestellers abweichend von § 648 Satz 3 BGB auf 8 % „hochgesetzt“. Der auf Unterlassung der Klausel klagende Verbraucherschutzverband rügt u. a. die Heraufsetzung der gesetzlichen 5%-Pauschale um mehr als 50% auf 8%.
Das OLG Koblenz erachtet die betreffende Klausel aus anderen Gründen, stellt bei der Gelegenheit aber klar, dass die Heraufsetzung der Pauschale auf 8% nicht zur Unwirksamkeit führt (ebenso jüngst OLG Frankfurt, IBR 2022, 565). Die 5% würden eine Erleichterung zugunsten des Unternehmers bezwecken bei der Darlegung seiner Entschädigung und sind in der Höhe nicht wesentlicher Grundgedanke des § 648 Satz 3 BGB (BGH, IBR 2011, 449; IBR 2011, 630). In der rechtlichen Konsequenz dessen sei die Heraufsetzung der Pauschale nicht nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB („Eine vertragliche Regelung ist mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren.“) unwirksam. Stattdessen sei die Klausel in entsprechender Anwendung an § 308 Nr. 7a BGB zu messen und hat sich im Rahmen der gemäß § 648 Satz 2 BGB typischerweise zu beanspruchenden Vergütung zu halten. Dazu gibt es seitens des BGH eine hilfreiche Kasuistik: 5% entsprechen der seit dem 01.01.2009 geltenden Gesetzeslage und waren zuvor auch als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) wirksam (BGH, Urteil vom 10.03.1983 – VII ZR 302/82), ebenso sind 10% in AGB noch zulässig (BGH, IBR 2006, 382), 15% liegen im Grenzbereich, der ohne die Kenntnis der nach Kündigung eines Hausvertrags typischerweise anfallenden Vergütung nicht mehr als noch angemessen oder schon unangemessen beurteilt werden kann, so dass es dazu tatrichterlicher Feststellungen zur Klauselwirksamkeit bedurfte (BGH, IBR 2011, 449; IBR 2011, 630), 18 % hat der BGH als äußerst zweifelhaft bezeichnet (BGH, BauR 1985, 79, 82). Da im vorliegenden Fall des OLG Koblenz die strittige Klausel zudem dem Besteller den Nachweis gestattet, dass die Entschädigung niedriger als 8 % ausfällt oder der Unternehmer keine Entschädigung zu beanspruchen hat, sind auch die entsprechend anzuwendenden Anforderungen des § 309 Nr. 5 b BGB erfüllt (dazu BGH, IBR 2011, 630).
Die Kündigungsabrechnung der nicht erbrachten Leistungen nach der 5%-Pauschalvermutung des § 648 Satz 3 BGB führt in der Praxis eher ein Schattendasein. Die konkrete Abrechnung der vereinbarten Vergütung abzüglich der ersparten bzw. ersparbaren Aufwendungen ist für den Unternehmer in der Regel wirtschaftlich deutlich attraktiver. Mit anderen Worten: In der Regel erspart ein Unternehmer nicht gesetzlich vermutete 95 % der infolge Kündigung nicht (mehr) verformbaren Vergütung, so der oftmals deutlich weniger. Während die Berechnung für den Architekten/ Ingenieur allerdings meist einfach und bei Vereinbarung einer Nebenkostenpauschale simpel ist (Nebenkostenpauschale = ersparte Aufwendungen), geraten die Parteien eines Bauvertrages über die Unternehmerabrechnung oft in Streit. Um diesen zu vermeiden, dürfte sich die Heraufsetzung der Entschädigungspauschale in AGB auf z. B. 10 % rechtfertigen. Dabei muss der Unternehmer beachten, dass wegen der vergleichbaren Interessenlage § 309 Nr. 5b BGB entsprechende Anwendung findet (vgl. BGH, IBR 2011, 571; IBR 2011, 630). Mithin muss dem Vertragspartner ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, dem Unternehmer stehe nach § 648 Satz 2 BGB überhaupt keine oder eine wesentliche niedrigere Vergütung als die Pauschale zu. Diese Kriterien dürften über das Angemessenheitskriterium des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch für AGB gelten, die im Unternehmerverkehr verwendet werden.