Wiedermal eine interessante Entscheidung zu den in der Praxis oft übersehenen, aber sehr wichtigen Sachwalterpflichten eines Architekten. Diesen trifft u. a. eine umfangreiche Pflicht, den Bauherren über Probleme aufzuklären. Z. B. muss der Architekt auch ungefragt über eigene Fehler Auskunft erteilen. Die Rechtsprechung hat diese Aufklärungspflicht auch auf Überwachungsfehler erstreckt (siehe z. B. BGH, Urteil vom 06.07.2000 – VII ZR 82/98). Erfüllt der Architekt diese – in der Regel ungeschriebenen – Aufklärungspflichten nicht, haftet er, allerdings – und auch das wird in der Praxis oft übersehen – nur mit „kurzer“ Verjährungsfrist.

Vorliegend meinte das OLG Brandenburg:

1. Ein Anspruch des Bauherrn auf Schadensersatz wegen Planungs- und/oder Bauüberwachungsfehlern setzt den Abschluss eines Architektenvertrages oder zumindest die tatsächliche Übernahme der Bauaufsicht voraus (hier für die Bauüberwachung über den Bereich Rohbau hinaus verneint).
2. Der mit der Überwachung der Errichtung eines Rohbaus beauftragte Architekt hat auch die Herstellung der Bodenplatte/Keller einschließlich der Abdichtung zu überwachen. Dazu gehört die Aufsicht über die Ausführung von Mängelbeseitigungsarbeiten.
3. Dem Überwacher obliegt im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht nur die Wahrung der Rechte des Bauherrn (Auftraggebers) gegenüber dem Bauunternehmen, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören.
4. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der Bauüberwacher möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.

 

Die klagenden Bauherren nahmen den von ihnen beauftragten Objekt-/ Fachplaner (im Weiteren einfach: Architekt) in seiner Funktion als Bauüberwacher und Statiker auf Schadensersatz wegen Planungs- und Überwachungsfehlern bei verschiedenen Gewerken (Rohbau, Dach, Trockenbau) zur Erstellung eines Landhauses in einer Gesamthöhe von 425.768,12 Euro in Anspruch. Die Bauherren hatten den Architekten mit schriftlichen Vertrag vom 24.11.1999 mit Leistungen entsprechend den Leistungsphasen 1 bis 4 der Tragwerksplanung sowie der Erstellung eines Wärmeschutznachweises beauftragt. Außerdem wurde er mündlich mit der Erstellung der Genehmigungsplanung entsprechend den Leistungsphasen 1 bis 4 des § 15 Abs. 2 HOAI a.F., mit der Erstellung einer Ausführungsplanung für das Tragwerk, mit der Erstellung einer Ausführungsplanung für den Rohbau, mit der Bauüberwachung für die Errichtung eines Daches sowie mit der Durchführung von Abnahmeterminen für diese Gewerke beauftragt. Im Übrigen hatte der Architekt die dann mit der Bauausführung beauftragten Unternehmen, und zwar Fliesenleger, Fensterbauer, Elektriker usw. vermittelt. Ferner war er zur Klärung von Detailfragen auf der Baustelle tätig. Noch vor Bezug des Hauses wiesen die Bauherren den Architekten auf Mängel an der Kellerabdichtung hin. Es trat Wasser in den Keller ein. Der Architekt erkannte an, dass er als Bauüberwacher hierfür verantwortlich war und meldete den Sachverhalt seiner Haftpflichtversicherung. Diese regulierte den Schaden. Mit der Mängelbeseitigung wurde ein Drittunternehmen beauftragt, das die Abdichtung im Wesentlichen neu herstellte, in dem es eine zweite Abdichtung auf die bereits vorhandene aufbrachte. Im September 2001 bezogen die Bauherren das Haus und zeigten gegenüber Architekten noch im Jahr 2001 erneut einen Wasserschaden an. Der Architekt verortete die Ursache des Schadens im Zusammenhang von Trocknungsmaßnahmen und auf eine nicht ordnungsgemäße Abdichtung der Kellertreppe. Im Jahr 2005 leiteten die Bauherren zwei selbständige Beweisverfahren ein. Das eine Verfahren hatte die Bauwerksabdichtung zum Gegenstand. Das die baulichen Probleme im Bereich des Trockenbaus und des Daches. Am 24.09.2010 erhoben die Bauherren schließlich eine Klage, und zwar zum einen gegen „ihren“ Architekten und zum anderen gegen die jeweils bauausführenden Unternehmen. Der Architekt verteidigt sich u. a. mit der Einrede der Verjährung. Das Landgericht verurteilte den Architekten als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz im Bereich des Komplexes „Dach“ i. H. v. 36.737,01 Euro. In Bezug auf die Kellerabdichtung wies das Landgericht die gegen den Architekten gerichtete Klage ab. Das Landgericht war der Auffassung, dass der diesbezügliche Anspruch verjährt sei. Gegen diese Auffassung richtete sich die Berufung der Bauherren.

Ohne Erfolg! Die Entscheidung des Landgerichts entspricht der Rechtsprechung des BGH. Das OLG hat sich zwar u. a. mit der Frage der Verjährung der Ansprüche der Bauherren auf Schadensersatz gegen den Architekten unter dem Gesichtspunkt der Sekundärhaftung auseinandergesetzt und entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BGH ausgeführt, dass ein Bauüberwacher verpflichtet, den Bauherrn bei der Untersuchung und Behebung eines Baumangels sowie bei der Durchsetzung der Ansprüche gegen die anderen Bau- und Planungsbeteiligten zur Seite zu stehen. Dennoch hat das OLG Verjährung angenommen. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und Beratung, mit der der bauüberwachende Architekt möglicherweise die Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch zu Gunsten des Bauherrn dahingehend, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gilt. Im Anschluss hat sich das OLG mit der Frage der Verjährung dieses Schadensersatzanspruchs beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, die Verjährungsfrist richte sich nach dem ab dem 01.01.2002 geltenden Verjährungsrecht, so dass die §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (dreijährige Verjährung mit Verjährungsbeginn mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger – vorliegend die Bauherren – von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners – hier der Architekt – Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste) anzuwenden seien. Die Regelung des § 634a BGB  (mit der fünfjährigen Verjährung ab Abnahme) komme also nicht zur Anwendung. Unter Berücksichtigung der Allgemeinen Verjährungsregelungen der §§ 195, 199 BGB sei die Forderung in weiten Teilen – weil die Bauherren frühzeitig Kenntnis von der Pflichtverletzung hatten – verjährt,