Eigentlich müsste alles klar sein. Dennoch beschäftigen die Gerichte immer wieder auch Fragen zum Umgang mit den „Spielregeln“ im Zusammenhang mit baulichen Problemen. Das OLG Koblenz hat noch einmal klargestellt:

1. Notwendigkeit und Angemessenheit einer Fristsetzung müssen bei einer zusammengefassten Rüge einer Vielzahl von Mängeln für jeden Mangel gesondert beurteilt werden.
2. Nach Übergang in das Abrechnungsverhältnis muss vor Geltendmachung der auf Geld gerichteten Mängelansprüche nicht nochmals eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden.

Beim zu beurteilenden Sachverhalt sollte im Ausgang ein Generalunternehmer Räume zu einem Fitnessstudio umbauen. Die Abnahme der vom ihm als fertig gestellt angebotenen Leistung wurde zunächst unter Hinweis auf 35 Mängel verweigert. Monate später übersandte der Auftraggeber dem Generalunternehmer eine neue Mängelliste, diesmal mit 84 Positionen und setzte erstmals eine Frist zur Beseitigung. Der Generalunternehmer „reklamierte“, angesichts der hohen Anzahl der behaupteten Mängel sei die Frist unangemessen kurz. Zu einzelnen Mängel n lehnte der Generalunternehmer die Beseitigung mit unterschiedlichen Gründen ab. Tatsächlich blieb der Generalunternehmer völlig untätig. Nach Ablauf der ihm gesetzten Frist kündigte der Auftraggeber die Ersatzvornahme an. Einige Zeit später begann der Auftraggeber damit, die von ihm bemängelten baulichen Probleme in Ersatzvornahme zu beseitigen. Mit der Klage verlangte er Ersatz der ihm bereits entstandenen Kosten sowie weiteren Kostenvorschuss für noch nicht beseitigte Mängel. Er erklärte, dass ein weiteres Tätigwerden des Generalunternehmers endgültig verweigert worden sei. Das Landgericht wies die Klage ohne Beweisaufnahme ab, weil die Frist wegen der Vielzahl und Komplexität der gerügten Mängel „zu kurz“ gewesen sei. Außerdem sei diese Frist vor Übergang in das Abrechnungsverhältnis gesetzt worden und deshalb „verbraucht“. Eine Fristsetzung könne nur wirksam sein, wenn sie im Gewährleistungsstadium erfolge.

Das sei nach Auffassung des OLG Koblenz nicht richtig. Es verwies den Rechtsstreit zur Durchführung der Beweisaufnahme zu den Mängelbehauptungen an das Landgericht zurück. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei eine nochmalige Fristsetzung nach Übergang in das Abrechnungsverhältnis nicht erforderlich. Nach Ablauf der nach Abnahmeverweigerung gesetzten Frist seien die geltend gemachten Ansprüche des Auftraggebers entstanden. Beim Vorschuss käme hinzu, dass die Auffassung des Landgerichts den Besteller zu widersprüchlichem Verhalten zwingen würde (zunächst endgütige Verweigerung der Leistung und dann nochmalige Fristsetzung). Auch die Frist zur Mängelbeseitigung sei angemessen gewesen. Jeder Mangel stelle einen gesonderten Streitgegenstand dar, so dass Notwendigkeit und Angemessenheit der Frist jeweils gesondert beurteilt werden müssten. Bei „zu kurzer“ Frist zur Mängelbeseitigung habe der Unternehmer vor Fristablauf die Unangemessenheit anzuzeigen und die Umstände mitzuteilen, die dem Auftraggeber die Ermittlung der angemessenen Frist ermöglichen.

Die Ansicht des OLG Koblenz dürfte in Ordnung sein. Die „Einzelbetrachtung“ der Mängel ist bestätigt bei der Frage der Verjährungshemmung (BGH, Beschluss vom 24.03.2009 – VII ZR 200/08). Und sie dürfte wohl auch allgemein gelten. Und im Übrigen dürfte zwischen Erfüllungsanspruch und den sekundären Mängelrechten nach Abnahmeverweigerung und Fristsetzung ein Fall der sogenannten elektiven Konkurrenz vorliegen. Erst die Geltendmachung der sekundären Mängelrechte (bzw. endgültige Verweigerung beim Vorschuss) schließt die (Nach-)Erfüllung aus, macht die Abnahme entbehrlich und den Weg für die Mängelrechte frei.