Fast schon ein Klassiker! Im Rahmen eines Rechtsstreits oder eines selbständigen Beweisverfahrens haben Auftraggeber und Auftragnehmer – naturgemäß – unterschiedliche Auffassungen bzw. Vermutungen zum Vorliegen und zu den Ursachen von Baumängeln usw.. Wer „Recht“ hat, soll mithilfe eines gerichtlich beauftragten Sachverständigen geklärt werden. Dieser „macht aber nicht das, was man will“. Wer bzw. wie kann man ihn als Partei oder Beteiligter „steuern“? Das OLG Rostock meint, nur das Gericht darf dem Sachverständigen Weisungen erteilen, welche Untersuchungen konkret von ihm auszuführen sind – und schränkt die Möglichkeit der in einem selbständigen Beweisverfahren beteiligten Antragstellers, hierauf Einfluss zu nehmen ein. Das OLG Rostock entschied:

„Der „Antrag“ der Antragstellers, dem gerichtlich bestellten Sachverständigen bestimmte Weisungen zu erteilen, ist inhaltlich eine bloße Anregung, die für den Fall, dass das Gericht diesem „Antrag“ nicht Folge leistet, nicht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eröffnet.“

Worum ging es bei dem zu bewertenden Sachverhalt im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens?

Der Antragsteller ließ in Kalt- und Warmwasserleitungen eines Wohnheims Pressfittings, Rohrleitungen und Aggregate einbauen, die später nach außen wachsende Korrosionen („Lochfraß“) aufwiesen. Im zur Klärung der Ursachen und Verantwortlichkeiten eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren führte der gerichtlich beauftragte Sachverständige im Ergebnis aus, die Frage des Mangels sowie der Ursache des Lochfraßes hinge von der Qualität des verwendeten Wassers ab. Die entsprechenden Wasserwerte wurden ihm jedoch nicht beigebracht. Auf die Ergänzungsfrage des Antragstellers, welches Ergebnis unter Zugrundelegung der aktuellen Wasserwerte des Wassers, das aus der von ihm betriebenen Wasseraufbereitungsanlage entnommen wird, gegeben wäre, führte der Sachverständige aus, dass ihm für die Beantwortung dieser Frage die entsprechenden aktuellen Wasserwerte ebenfalls nicht vorlägen. Daraufhin beantragte der Antragsteller beim Gericht, dass dieses den Sachverständige anhält, zunächst die aktuellen Wasserwerte zu ermitteln und dann die Ergänzungsfrage zu beantworten. Diesen Antrag lehnte das Landgericht ab. Es begründete die Entscheidung damit, dass es nicht Aufgabe des Sachverständigen sei, eine aktuelle Wasseranalyse zu erstellen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Ohne Erfolg! Das OLG Rostock verwarf die sofortige Beschwerde als bereits unzulässig. Es meinte, die sofortige Beschwerde unstatthaft. Das Landgericht habe – so das OLG – kein das selbständige Beweisverfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen. Ein solches läge (nur) vor, wenn die Entscheidung (nur) auf Antrag hätte ergehen können. Gemäß § 404a Abs. 1, 4 ZPO habe das Gericht die Pflicht, „die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und kann ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen erteilen„. Einen Antrag diesbezügliche sehe das Gesetz nicht vor. Deshalb sei der „Antrag“ des Antragstellers des Beweisverfahrens prozessualrechtlich nur eine Anregung gegenüber dem Gericht, im Sinne von § 404a Abs. 4 ZPO tätig zu werden, also „soweit es erforderlich ist, … (zu bestimmen), in welchem Umfang der Sachverständige zur Aufklärung der Beweisfrage befugt ist, inwieweit er mit den Parteien in Verbindung treten darf und wann er ihnen die Teilnahme an seinen Ermittlungen zu gestatten hat.. Eine ausnahmsweise Zulassung der sofortigen Beschwerde scheide – so weiter das OLG – wegen mangelnder rechtlicher Nachteile des Antragstellers aus, denn ihm sei es zumutbar, die aktuellen Wasserwerte selbst zu bestimmen und dem Sachverständigen vorzulegen. Eine von ihm befürchtete „fehlende Beweiskraft“ stehe dem wegen § 404a Abs. 3 ZPO („Bei streitigem Sachverhalt bestimmt das Gericht, welche Tatsachen der Sachverständige der Begutachtung zugrunde legen soll.„) nicht entgegen, wobei gegebenenfalls in einem Hauptsacheverfahren weiter Beweis hierüber erhoben werden müsste.

Solche oder ähnliche Situationen wird jeder kennen, der vor einem Gericht in Bausachen „um die Wahrheit“ kämpft – und vom Gericht wegen scheinbarer formaler Probleme nicht gehört wird. Insofern dürfte – ganz pragmatisch gesehen – der Grundsatz, jedenfalls hilfsweise den Sachverhalt nebst Belegführung dem Gericht darzulegen, aus dem man für sich rechtlich günstige Konsequenzen ableitet, stets sinnvoll sein. Denn die Entscheidung des OLG Rostock ist schon „speziell“ – und wohl unrichtig. Namentlich vor dem Hintergrund des Sinns eines selbständigen Beweisverfahrens dürfte der Verweis auf die Möglichkeit, in einem sich etwaig anschließenden Hauptsacheverfahren fortgesetzt Beweis anbieten zu können und erheben zu lassen, für sich genommen wohl schon einen eigenständigen Nachteil darstellen. Jedenfalls gerade die gesetzgeberische Absicht, durch ein selbständiges Beweisverfahren ein Hauptsacheverfahren zu vermeiden, wird damit „auf den Kopf gestellt“.