1. Ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten eines Drittunternehmers für die Fertigstellung des Bauvorhabens setzt voraus, dass der Auftraggeber entweder schriftlich die Kündigung erklärt oder zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Vertrag beenden will. Auch die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers macht eine Kündigungserklärung nicht entbehrlich (Anschluss an BGH, IBR 2018, 68).
2. Der Auftraggeber kann den Vertrag auch vor Eintritt der Fälligkeit/des Verzugs kündigen, wenn feststeht, dass der Auftragnehmer seine Leistung bis zum vereinbarten Termin nicht fertig stellen wird bzw. kann.
3. Eine Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung ist entbehrlich, wenn der Auftragnehmer das Erbringen seiner Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.

Geradezu lehrbuchartig stellte das OLG Stuttgart fest, dass die Voraussetzungen einer Ersatzvornahme vorliegen.

Ein Auftraggeber und ein Auftragnehmer stritten über die Erstattungsfähigkeit von Mehraufwendungen für einen Drittunternehmer nach Kündigung eines VOB-Bauvertrags. Dem ging ein Streit u. a. über die Voll- bzw. Unvollständigkeit von Werkstattzeichnungen sowie die Bezahlung einer Abschlagsrechnung voraus, der den Auftragnehmer zur Kündigung des Bauvertrags veranlasste. Hierauf reagierte der Auftraggeber durch mit der Mitteilung an den Auftragnehmer, dass Mehrkosten von über 80.000 Euro entstanden seien, und der Aufforderung zum Haftungsanerkenntnis. Das Anerkenntnis wurde nicht abgegeben. Die Sache „ging“ vor Gericht. Im Prozess über die behaupteten Mehrkosten erklärte der Auftraggeber seinerseits ausdrücklich die Kündigung des Bauvertrags.

Letztendlich sprach das OLG dem Auftraggeber die geltend gemachten Mehrkosten zu und knüpfte hiermit an die jüngere Rechtsprechung des BGH an. Eine Kündigung des Auftraggebers war nicht bereits wegen der vorangegangenen (unberechtigten) Kündigung des Auftragnehmers entbehrlich. Auch eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers, die in einer unberechtigten Kündigung gesehen werden kann, macht eine Kündigungserklärung des AG nicht überflüssig. Vielmehr muss der Auftraggeber – zumindest konkludent – zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag beenden will. Ein Anspruch aus § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B (2006) setzt grundsätzlich eine schriftliche Kündigungserklärung des AG voraus. Es ist auf Seiten des Auftraggebers also ein Verhalten erforderlich, das dem mit der Regelung verfolgten Zweck, klare Verhältnisse zu schaffen, gerecht wird. Er muss wenigstens konkludent zum Ausdruck bringen, dass er den Vertrag mit dem Auftragnehmer beenden will (Anschluss an BGH, IBR 2018, 68). Diesen jedenfalls erforderlichen konkludent zum Ausdruck gebrachten Willen entnahm das Gericht dem Schreiben nach Kündigungserklärung des Auftragnehmers. Damit machte der Auftraggeber Schadensersatz wegen Nichterfüllung gemäß § 281 BGB geltend. Werkleistungen wurden nicht mehr verlangt. Das Rechtsverhältnis sollte in ein Abrechnungsverhältnis überführt werden. Hierin sei eine konkludente Kündigung zu sehen. Eine vorherige Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung war ausnahmsweise, angesichts der Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers entbehrlich. Auf die im späteren Prozess erklärte Kündigung kam es im Ergebnis also nicht (mehr) an.

Nochmal Glück gehabt! Auch wenn dieser bei der Entscheidung die jüngere BGH-Rechtsprechung auf seiner Seite hatte, bedurfte es hierfür einer Auslegung der auftraggeberseitigen Erklärung als Kündigung. Dies hätte er einfacher haben können und zeigt wieder einmal: Kündigen will gelernt sein. Ohne klare Kommunikation bei Beendigung des Vertrags stehen kündigungsbedingte Ansprüche auf wackligen Füßen.