Verlangt der Auslober nach Durchführung eines Planungswettbewerbs von einem der Preisträger die Fortentwicklung der Wettbewerbsplanung, bespricht er die Planungsergebnisse und zieht er den Architekten auch bei Terminen mit externen Teilnehmern hinzu, darf ein verständiger Architekt davon ausgehen, der Auslober wolle seiner rechtlichen Verpflichtung zur Beauftragung eines Preisträgers aus den Auslobungsunterlagen nachkommen.
Worum ging es?
Ein Unternehmen führte im Jahre 2018 einen Paknungswettbewerb mit Realisierungsabsicht (Realisierungswettbewerb) durch. Es ging um eine Errichtung eines Bürogebäudes als neue Firmenzentrale. In den Wettbewerbsbedingungen hieß es: „Der Ausloben verpflichtet sich, sobald und soweit das Vorhaben zur Realisierung kommt, unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Preisgerichts, eine/n oder mehrere der Preisträger/-innen mit weiteren planerischen Leistungen zu beauftragen. Der Umfang der weiteren Beauftragung umfasst die Leistungen für Gebäude gem. HOAI 2013 § 34 mindestens bis zur abgeschlossenen Leistungsphase 5.“ Das später klagende Architekturbüro wurde zur Teilnahme aufgefordert und reichte einen Beitrag ein. Das Preisgericht vergab an dieses Büro den zweiten Preis, an ein weiteres Büro den dritten Preis. Ein erster Preis wurde nicht zuerkannt. Es empfahl dem Unternehmen, mit dem zweitplatzierten Architektenbüro über einen entsprechenden Architektenauftrag zu verhandeln und den Entwurf gemäß den gegebenen Empfehlungen weiterzuentwickeln. Zwischen Mitte Dezember 2018 und Mitte März 2019 fanden 13 Besprechungen zwischen dem Unternehmen und dem Architektenbüro statt, wobei letzteres zahlreiche Pläne vorgelegt hatte. Das Unternehmen bat sodann das Architektenbüro per E-Mail, keine weiteren Leistungen mehr zu erbringen, und ließ die weitere Planung nunmehr von dem drittplatzierten Büro erbringen. Das zweitplatzierte Architektenbüro bewertete das Verhalten des Unternehmens als „freie“ Kündigung und klagte letztlich ein Honorar in Höhe von 1,5 Mio. Euro für erbrachte und kündigungsbedingt nicht erbrachte Leistungen bis einschließlich der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) gemäß Anlage 10.1 zur HOAI ein. Das Unternehmen meinte, es müsse nicht zahlen, weil kein Architektenvertrag zu Stande gekommen sei.
(Letztendlich) Zu Unrecht!
Das Landgericht folgte zwar der Auffassung des Unternehmens. Das Oberlandesgericht Düsseldorf allerdings nicht, nach dessen Bewertung ein Architektenvertrag konkludiert zustande gekommen sei. Es sei zwar richtig, dass weder aus dem bloßen Tätigwerden eines Architekten noch aus der Entgegennahme seiner Leistungen durch einen Besteller ohne Weiteres auf einen Vertragsschluss geschlossen werden könne. Vorausgesetzt seien vielmehr weitere Umstände, die einen beiderseitigen rechtsgeschäftlichen Willen erkennen ließen. Trotz umfangreicher Architektenleistungen könne es z. B. gegen eine rechtsgeschäftlich bindende Beauftragung sprechen, wenn die noch nicht gesicherte Realisierung des Objekts gefördert werden solle oder der Architekt gegen andere Bewerber ankämpfe. Aus Sicht eines verständigen Bestellers, also vorliegend aus der Sicht des Unternehmens sei aber nicht anzunehmen, dass ein Architekttenbüro auch nach Abschluss eines Wettbewerbs noch umfassende Akquiseleistungen erbringen wolle. Andererseits müsse ein verständiger Architekt nach einem Wettbewerb im Regelfall nicht davon ausgehen, dass der Auftraggeber sich auch dann noch nicht binden wolle, wenn er wie hier eine umfassende Weiterentwicklung des Beitrags wünsche. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der hiesigen Empfehlung des Preisgerichts. Allerdings – so das OLG Düsseldorf – seien konkludent nur die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 2 (Vorplanung) gemäß Anlage 10.1 zur HOAI beauftragt gewesen. Eine Vermutung für einen (Planungs-) Vollauftrag (Leistungsphasen 1 – 5) gebe es allgemein nicht. Und auch vorliegend gab es keine Tatsachen, aus denen solcher Leistungsumfang abgeleitet werden konnte. Insoweit konnte das Architektenbüro für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen (nur) Honorar in Höhe von 219.000 Euro beanspruchen.
Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist nachvollziehbar. Werden – wie regelmäßig – bei einem Realisierungswettbewerb die RPW 2013 zu Grunde gelegt, ergibt sich ein ähnliches Auftragsversprechen aus dem dortigen § 8 Abs. 2 S. 1. Danach kann der Auslober nur aus wichtigem Grund (z. B. bei entfallenen Steuereinnahmen) von einer Beauftragung eines Preisträgers absehen. Konkret regelt § 8 Abs. 2 S. 2 RPW 2013 zudem: „Art und Umfang der Beauftragung müssen sicherstellen, dass die Qualität des Wettbewerbsentwurfs umgesetzt wird. Sie erstreckt sich in der Regel mindestens bis zur abgeschlossenen Ausführungsplanung.“