1. Der Auftragnehmer muss erst mit der Ausführung beginnen, wenn sämtliche Voraussetzungen für die von ihm zu erbringende Leistung vorliegen, insbesondere erforderliche Vorleistungen. Liegt eine Behinderung des Ausführungsbeginns i. S. v. § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B vor, gerät der Auftragnehmer nicht mit dem Beginn der Ausführung in Verzug.
2. Der Auftragnehmer ist nicht behindert, wenn er vom Bauablauf her auch anders vorgehen kann, als vom Auftraggeber vorgegeben.

 

Der Fall zeigt einmal mehr, dass ein Auftragnehmer mit dem Feuer spielt, wenn er Behinderungen mit anderen, vermeintlich sinnhafteren Arbeitsabläufen begründet, soweit es hierzu keine konkreten Vorgaben in den Vertragsunterlagen gibt.

Worum ging es?

Unter Einbeziehung der VOB/B beauftragte ein Auftraggeber den Auftragnehmer mit Fliesenarbeiten. Der Auftraggeber rief am 09.04.2020 die Leistungen zum 20.04.2020 ab. Mit E-Mail vom 20.04.2020 zeigte der Auftragnehmer eine Behinderung an. Ein Arbeitsbeginn sei erst möglich, wenn vom Auftraggeber die Dusch- und Badewannen als bauseitige Vorleistung gestellt und die Wannen mittels Dichtbändern an die Wand angerichtet seien. Der Auftraggeber wandte ein, dass nach dem Verhandlungsprotokoll und dem Auftragsleistungsverzeichnis zunächst vom Auftragnehmer eine vollflächige Abdichtung zu erbringen und für den Duschbereich ohnehin eine Ausführung ohne Duschtassen vorgegeben sei. Zudem könne der Auftragnehmer ohne Weiteres mit anderen Arbeiten, namentlich den Fliesenspiegeln in der Küche beginnen. Im weiteren Verlauf kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag aus wichtigem Grund wegen Nichtaufnahme der Arbeiten. Das Landgericht sah im Streit um die Berechtigung der Kündigung keine Behinderung des Auftragnehmers und bejahte, dass er sich im Verzug befand. Hiergegen richtet sich die Berufung des Auftragnehmers.

Ohne Erfolg!

Der Auftragnehmer habe – so das OLG Hamburg – nicht schlüssig dargelegt, dass der Arbeitsbeginn durch Umstände aus der (Risiko-) Sphäre des Auftraggebers behindert gewesen wäre. Richtig sei zwar, dass der Auftragnehmer erst mit der Ausführung beginnen müsse, wenn sämtliche Fälligkeitsvoraussetzungen für die von ihm zu erbringende Leistung vorliegen, insbesondere erforderliche Vorleistungen. Fehlt es daran aufgrund eines im Risikobereich des Auftraggebers liegenden Umstands, liege eine Behinderung des Ausführungsbeginns gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B vor und der Auftraggeber sei an der Geltendmachung der Rechte des § 5 Abs. 4 VOB/B (Leistungsaufforderung mit Fristsetzung und Kündigungsandrohung) gehindert. Das ist vorliegend aber nicht gegeben. Entgegen der Sichtweise des Auftragnehmers habe es nicht an hinreichenden planerischen Vorgaben gefehlt, denn den übergebenen Plänen sind die abzudichtenden Bodenflächen eindeutig zu entnehmen gewesen. Für die Duschen habe sich eindeutig ergeben, dass Duschwannen nicht vorgesehen waren, so dass die Duschbereiche in jedem Fall hätten bearbeitet werden können. Woraus der Auftragnehmer objektiv hätte ableiten dürfen, dass zunächst vom Auftraggeber die Badewannen zu stellen seien, bevor er mit seinen Arbeiten hätte beginnen können, konnte der Auftragnehmer nicht nachvollziehbar erläutern. Allein der Umstand, dass man vom Bauablauf her auch so vorgehen könne, ändere nichts an der Tatsache, dass es vorliegend nicht an anderen planerischen Vorgaben oder Vorleistungen anderer Gewerke gefehlt habe.