1. Stellt der Auftragnehmer seine Schlussrechnung und wird diese vom Auftraggeber vorbehaltlos beglichen, darf der Auftraggeber die geltend gemachte Schlussrechnungsforderung des Auftragnehmers als abschließend ansehen.
2. Bei einem vor dem 01.01.2018 geschlossenen Bauvertrag ist die Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung keine Fälligkeitsvoraussetzung. Die Verjährung des Werklohnanspruchs des Auftragnehmers beginnt daher am Ende des Jahres, in dem das Werk abgenommen wurde.

Die Entscheidung dürfte problematisch sein. Der Aussage in dem der Urteilsbegründung entnommenen (redaktionellen) Leitsatz 1 ist skeptisch zu begegnen. Denn der Auftragnehmer eines Bauvertrags ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht an seine Schlussrechnung gebunden und kann deshalb „vergessene“ Rechnungspositionen oder Nachtragsforderungen ohne Weiteres „nachschieben“ (vgl. etwa schon BGH, Urteil vom 17.12.1987 – VII ZR 16/87), solange sie noch nicht verjährt sind. Etwas anderes gilt gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 2 VOB/B im VOB-Vertrag (sofern die VOB/B als Ganzes vereinbart oder sie vom Auftragnehmer gestellt wurde, anderenfalls ist die Regelung unwirksam, siehe BGH, IBR 2009, 566) und – in Ausnahmefällen – im Architektenrecht (siehe BGH, IBR 2016, 18; IBR 2009, 35).

Das OLG Rostock sah das anders. Es ging um folgenden Sachverhalt.

Ein Auftragnehmer stellte nach der Abnahme seiner Bauleistung am 23.09.2013 seine Schlussrechnung über 139.824 Euro. Die Rechnung wurde vom Auftraggeber vorbehaltlos bezahlt. Weil er sich mit dem AG über die Höhe der Vergütung für Zusatzleistungen (u. a. für den Bau einer Garage) nicht einigen konnte, waren diese in der Schlussrechnung nicht enthalten. Ende 2018 verklagte der Auftragnehmer den Auftraggeber deswegen auf die Zahlung weiterer 20.000 Euro.

Ohne Erfolg! Der Auftraggeber durfte die Schlussrechnung vom 23.09.2013, mit der neben dem ursprünglich vereinbarten Pauschalpreis auch bereits andere Zusatzleistungen abgerechnet wurden, als abschließend verstehen und hatte sie auch so verstanden.

Davon abgesehen stand dem Erfolg der Klage auch die vom Auftraggeber erhobene Einrede der Verjährung entgegen. Die Verjährung eines etwaigen Werklohnanspruchs hat mit Ablauf des Jahres 2013 begonnen. Die Forderung war somit am 01.01.2017 verjährt. Soweit die Möglichkeit besteht, durch besondere Abrede die Fälligkeit hinauszuschieben und sich aus den Umständen auch eine konkludente Einigung des Inhalts ergeben kann, dass der Werklohnanspruch erst mit Rechnungserteilung fällig werden soll (vgl. OLG Düsseldorf, IBR 2011, 1248 ), bestanden hierfür keine Anhaltspunkte. Das ist wohl richtig.

Anders wäre der Sachverhalt im Übrigen wohl zu bewerten, wäre der Bauvertrag ab dem 01.01.2018 geschlossen worden. Für ab dem 01.01.2018 geschlossene Bauverträge wird die Vergütung gemäß § 650g Satz 1 Nr. 2 BGB erst nach Erteilung einer prüfbaren Schlussrechnung fällig. Erstellt der Auftragnehmer keine Schlussrechnung, beginnt die Verjährung des Anspruchs mangels Fälligkeit nicht zu laufen. Dadurch wird der Auftraggeber aber nicht schutzlos gestellt. Zwar enthält das BGB keine der Regelung des § 14 Abs. 4 VOB/B vergleichbare Vorschrift, wonach ein Auftraggeber die Schlussrechnung auf Kosten des Auftragnehmers selbst aufstellen, kann wenn der Auftragnehmer keine prüfbare Schlussrechnung einreichte, obwohl ihm der Auftraggeber dafür eine angemessene Frist gesetzt hatte. Im Wege des § 14 Abs. 4 VOB/B kann der Auftraggeber also Fälligkeit und damit Beginn des Verjährungslaufs herbeiführen (siehe dazu OLG Nürnberg, IBR 2016, 72). Im BGB-Bauvertrag ist es anders. Hier kann der Auftraggeber einem mit der Schlussrechnung säumigen Auftragnehmer ebenfalls eine angemessene Frist zur Rechnungsstellung setzen. Kommt der Auftragnehmer dann seiner Obliegenheit nicht alsbald nach, führt das dazu, dass er sich hinsichtlich der Verjährung seines Werklohnanspruchs nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) so behandeln lassen muss, als sei die Schlussrechnung innerhalb angemessener Frist erteilt worden (BGH, NJW-RR 1986, 1279).