Einmal mehr wartet das Kammergericht mit einer pragmatischen Entscheidung zu einem Streit zwischen einem Bauherrn und „seinem“ Architekten auf.

Unter welchen Voraussetzungen kann ein Architekt mit einzelnen Teilen der Architektenleistung in Verzug geraten? Mit dieser Frage hatte sich das Kammergericht zu beschäftigen. Im Kern erkannte das Kammergericht folgendes:

 

1. Insbesondere bei einem Werk- oder Architektenvertrag können die Parteien die gesonderte Fälligkeit von Teilleistungen vereinbaren, die nicht am Ende der Vertragsdurchführung stehen, sondern einen Zwischenerfolg darstellen.

2. Eine solche Vereinbarung kann auch konkludent getroffen werden und setzt nicht voraus, dass die Parteien kalendermäßig eine Frist oder einen Termin bestimmt haben. Der Fälligkeitszeitpunkt der Teilleistung ist gegebenenfalls durch Auslegung, notfalls mit Hilfe der Vermutung des § 271 Abs. 1 BGB zu bestimmen.

3. Erbringt der Werkunternehmer eine Teilleistung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht, kann der Besteller unter den Voraussetzungen von § 323 Abs. 1 BGB vom Vertrag zurücktreten bzw. ihn aus wichtigem Grund kündigen; auf § 323 Abs. 4 BGB kommt es nicht an.

4. Ein Zivilgericht kann den Streit zwischen zwei Prozessparteien über den von einem Architekten erreichten Leistungsstand und die Höhe des sich daraus ergebenden Honorars in geeigneten Fällen ohne Hinzuziehung eines Honorarsachverständigen nach freier Überzeugung entscheiden (§ 287 Abs. 2 ZPO).

 

Der Auftraggeber beabsichtigte das Dachgeschoss seines Wohnhauses zu Eigentumswohnungen umzubauen. Hierzu beauftragt er einen Architekten u. a. mit der Ausführungsplanung und mit der Erstellung einer Leistungsbeschreibung. Ende März weist der AG den A darauf hin, dass weder eine Leistungsbeschreibung noch eine Ausführungsplanung erstellt sei. Er setzt ihm vergeblich eine Frist zur Leistungserbringung bis zum 4. April. Am 9. April kündigt der Auftraggber schließlich den Architektenvertrag. Der Architekt macht sein Honorar auf der Grundlage einer freien Kündigung geltend, rechnet also erbrachte Leistung und auch infolge des durch Kündigung vorzeitig beendeten Architektenvertrages nicht erbracht Leistungen ab. Der Auftraggeber wendet ein, der Architekt stehe nur eine Honorierung für die erbrachte Leistung zu, da er das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund zu Recht gekündigt habe.

Mit Erfolg! Nach Ansicht des Kammer Gerichts war er berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Architekt – so das Kammergericht – wäre verpflichtet gewesen, bis zum 3. März die zeichnerische Ausführungsplanung und die Leistungsbeschreibung zu erstellen. Diese Zwischenfrist haben die Parteien konkludent vereinbart. Der AG hatte nämlich erkennbaren Wert darauf gelegt, bereits im März mit der Bauausführung beginnen zu können. Nach Ablauf der dann bis Anfang April gesetzten Frist konnte er den Architektenvertrag daher fristlos kündigen. Dem Architekt steht daher – anders als im Fall einer freien Kündigung gemäß § 648 BGB – lediglich ein Honoraranspruch für bereits erbrachte Architektenleistungen zu. Die Höhe dieses Honoraranspruchs kann das Gericht gemäß § 287 ZPO schätzen.

Die Sichtweise des Kammer Gerichts dürfte richtig sein und für die Praxis erhebliche Bedeutung haben.

Grundsätzlich steht dem Auftraggeber ein Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 648a Abs. 1 BGB nur dann zu, wenn ein Architekt mit der Gesamtleistung in Verzug geraten ist, oder wenn offensichtlich ist, dass er zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt nicht leisten wird (§ 323 Abs. 4 BGB). Anders ist es, wenn die Parteien eines Architektenvertrages für bestimmte Teilleistungen Zwischenfristen vereinbart haben. Und diese Vereinbarung kann – so das Kammergericht – auch konkludent, also nicht ausdrücklich, sondern „aus dem Verhalten heraus“ zustande kommen. Das kann zu Missverständnissen führen. Deswegen sollte der Auftraggeber bei Vertragsschluss stets darauf bedacht sein, für besonders wichtige Teilleistungen verbindliche Zwischenfristen zu vereinbaren und auch – allein zu Belegzwecken – z. B. im Architektenvertrag eindeutig zu dokumentieren.