Themen

  • Grenzüberschreitendes Interesse an einem öffentlichen Auftrag
  • Anforderungen an die Zulassung von Nebenangeboten
  • Der Nachtrag nach der Abnahme
  • 5% + 5% Vertragserfüllungssicherheit
  • Quote bei mehreren Schuldnern eines Bauschadens

Vergaberecht: Grenzüberschreitendes Interesse an einem öffentlichen Auftrag

Zur Beurteilung, ob an einem öffentlichen Auftrag ein grenzüberschreitendes Interesse besteht, ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Auftrag nach den konkreten Marktverhältnissen, das heißt mit Blick auf die angesprochenen Branchenkreise und ihre Bereitschaft, Aufträge gegebenenfalls in Anbetracht ihres Volumens und des Ortes der Auftragsdurchführung auch grenzüberschreitend auszuführen, für ausländische Anbieter interessant sein könnte.

Hierzu: BGH, Entscheidung vom 30.8.2011, X ZR 55/10 zu § 16 Abs. 8 VOB/A.

Vergaberecht: Anforderungen an die Zulassung von Nebenangeboten

Bei der Zulassung von Nebenangeboten werden die Gebote der Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz gewahrt, wenn in den Vergabeunterlagen Ausführungsvarianten eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, die alle Leistungen umfassen müssen, die zu einer einwandfreien Ausführung der Bauleistung erforderlich sind. Bei nicht in Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen oder in den Vergabeunterlagen geregelten Leistungen sind dann im Angebot entsprechende Angaben über Ausführung und Beschaffenheit dieser Leistungen zu machen.

Hierzu: BGH, Entscheidung vom 30.8.2011, X ZR 55/10 zu § 16 Abs. 8 VOB/A.

Der Nachtrag nach der Abnahme

Für einen Auftragnehmer wirkt es manchmal schon überraschend, dass nach § 13 Abs. 1 VOB/B das Werk den zur Zeit der Abnahme anerkannten Regeln der Technik als vertraglichen Mindeststandard neben der sonst vereinbarten Beschaffenheit entsprechen muss. Dies kann zusätzliche Leistungen erforderlich machen, die über die mit dem Vertrag vereinbarten hinausreichen. Das Nachtragsmanagement verhilft hier den Auftragnehmer zur Mehrvergütung der „Sowiesokosten“, vgl. z.B. § 1 Abs. 4 i.V.m. § 2 Abs. 6 VOB/B.

Das OLG Stuttgart, 14.9.2011, 10 W 9/11 weist nun darauf hin, dass auch eine Mangelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik und gesetzlichen Vorschriften einhalten muss. Bei den Mehrkosten aufgrund der erst nach der Abnahme gestiegenen gesetzlichen oder technischen Anforderungen handele es sich dann aber nicht um zu vergütende Sowiesokosten. Der Besteller soll den Mehrwert gegenüber der ursprünglich vertraglich vereinbarten Werkleistung nur nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung an den gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B mangelbeseitgenden Auftragnehmer zahlen müssen.

Diese rechtliche Würdigung geht davon aus, dass ein Auftragnehmer rechtzeitig zur Abnahme fehlerfrei hätte leisten können, um sich diese Konsequenz seiner Gewährleistung zu ersparen.

 5% + 5% Vertragserfüllungssicherheit

Interessant ist die Erkenntnis des OLG Stuttgart, 19.10.2010, 10 U 97/09, wonach Vertragsbedingungen des Auftraggebers über die Sicherung von Gewährleistungs- und Überzahlungsansprüchen wirksam sein sollen, wenn für einen vorübergehenden Zeitraum der Auftragnehmer neben einer Vertragserfüllungsbürgschaft über 5% der Auftragssumme zusätzlich einen – durch Bürgschaft abzulösenden – Gewährleistungseinbehalt von 5% der Abrechnungssumme ausgesetzt ist, § 307 BGB, § 765 BGB.

Wir halten dies für bedenklich, weil der Auftraggeber so den Auftragnehmer zumindest für eine gewisse Zeit mit einer Doppelabsicherung belastet. Man mag aber bedenken, dass es noch immer üblich ist, bis zu 10% Vertragserfüllungssicherheit zu vereinbaren, obwohl dies nicht der Vorgabe aus § 9 Abs. 8 VOB/A entspricht.

 Quote bei mehreren Schuldnern eines Bauschadens

Das OLG München, 16.08.2011, 9 U 1027/11 hat die Grundsätze der Quotenbildung jüngst ganz gut zusammengefasst.  In dem Fall nahm ein Auftragnehmer den Bauherrn auf restlichen Werklohn in Anspruch, dessen Höhe rechnerisch unstreitig war. Der Bauherr wollte wegen eines auch von anderen Baubeteiligten mitverursachten Wasserschadens nicht zahlen und rechnete mit der gesamten Schadenshöhe auf.

  1.  Dies ging nach Auffassung des Gerichtes nicht. Zwar erfolgt bei einer Schadensverursachung durch mehrere Baubeteiligte grundsätzlich keine Quotierung nach Kopfteilen. Jedoch muss anhand des Maßstabes des § 254 BGB abgewogen werden, inwieweit der Schaden dem einen oder anderen zuzurechnen ist. Der Verteilungsmaßstab ergibt sich aus einer Abwägung der Umstände des Falles, wobei primär auf das Maß der beiderseitigen Verursachung abzustellen ist und erst in zweiter Linie auf das Maß des beiderseitigen Verschuldens. Derjenige haftet überwiegend, dessen Verhalten den Eintritt des Schadens in erheblich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat.
  2. Abweichend von diesem Sonderfall kann bei Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung der beteiligten Firmen (Fassadenbau, Dachabdichtung, Holzbau, Bauüberwachung) jedoch der Bauherr wirklich vom Verursacher die gesamte Schadenshöhe verlangen. Ein solcher Gesamtschuldner kann dann von den anderen Gesamtschuldnern jeweils nur den Anteil beanspruchen, den sie im Innenverhältnis zu tragen haben. Für die Quotierung greifen die Gedanken zu Ziff. 1 entsprechend. Eine Innengesamtschuld gibt es nicht.