Ein Bauträger ist selbstverständlich nicht im Rahmen des Reverse-Charge-Verfahren Steuerschuldner, muss also eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis erhalten und diese Umsatzsteuer dem Unternehmen auch bezahlen. Es gab aber Bauträger, die genau das Gegenteil dem Bauunternehmer vermittelten, sich also Rechnungen ohne Umsatzsteuer stellen lassen ließen. Manche von diesen zahlten den Bauunternehmer dann netto, erklärten gegenüber dem Finanzamt dennoch, dass dies ein Brutto-Betrag sein; sie führten jedoch die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab. Sowas verbessert unlauter das Ergebnis. Das konnte nicht richtig sein, zumal sich dann die Finanzämter wegen des finanziellen Loches bei den Unternehmen meldeten, damit dieser ”Umsatzsteuer” nachzahle. Beim Unternehmer drückte das dann doppelt auf den Erlös. Selbstverständlich musste das korrigiert werden. Die Bauunternehmen mussten eine ordnungsgemäße Rechnung mit Umsatzsteuer stellen. Das Mitgefühl der Finanzgerichte ging dann gerechter Weise zugunsten der Bauunternehmer und zulasten der Bauträger. Die Unternehmer konnten ihren Restwerklohnanspruch in Höhe der Umsatzsteuer einfach an das Finanzamt an Erfüllung statt abtreten und mussten dann keine Umsatzsteuer mehr an das Finanzamt zahlen. Die Finanzämter holten sich unmittelbar den fehlenden Betrag vom Bauträger. Auch diese unbürokratische Korrektur passte einigen Bauträgern nicht. Der BGH musste daher diese Praxis bestätigen:

Der BGH, Urteil vom 10. Januar 2019 – VII ZR 6/18 entschied ganz objektiv und ohne Vorwurf in irgendeine Richtung: Sind ein Bauunternehmer und ein Bauträger bei einem zwischen ihnen vor Erlass des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) abgeschlossenen und durchgeführten Bauvertrag übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers gemäß § 13b Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 UStG 2011 ausgegangen, steht dem Bauunternehmer aufgrund einer ergänzenden Vertragsauslegung ein Anspruch auf Zahlung des Restwerklohns in Höhe des Umsatzsteuerbetrags zu, wenn der Bauträger die Umsatzsteuer nicht an die Finanzverwaltung abgeführt hat und deshalb für den Bauunternehmer die Gefahr entsteht, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Umsatzsteuer entrichten zu müssen (Fortführung von BGH, Urteil vom 17. Mai 2018 – VII ZR 157/17, BauR 2018, 1403 = NZBau 2018, 524).

Die Verjährung dieses Anspruchs beginnt in einem solchen Fall gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Bauunternehmer davon Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die für das Entstehen des Anspruchs maßgebliche Gefahr, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Umsatzsteuer abführen zu müssen, ist jedenfalls nicht vor dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. August 2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) entstanden.