Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat mit Erlass vom 23.3.2020 (Az.: 70406/21#1) Regelungen zu bauvertraglichen Fragestellungen an seinen nachgeordneten Bereich bekanntgegeben. Der unverzüglich geltende Erlass äußert sich zur Fortführung der Baumaßnahmen während der Corona-Pandemie, der Handhabung von Bauablaufstörungen und zu Zahlungen der Auftraggeber. Zu vergaberechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ist ein gesonderter Erlass vorgesehen.

Der Erlass weist darauf hin, dass auf den Baustellen des Bundes die Gefahren der Ansteckung mit dem Coronavirus und seiner Verbreitung durch baustellenspezifische Regelungen so gut als möglich zu minimieren sind. Eine spezielle Bedeutung kommt dabei dem Sicherheits- und Gesundheitskoordinator nach § 3 BaustellenV zu. Es muss sicher gestellt werden, dass dieser entsprechend tätig werde. Darüber hinaus verweist der Erlass auf die Empfehlungen der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft.

Die Baustellen des Bundes sind möglichst weiter zu betreiben. Baumaßnahmen sind erst einzustellen, wenn behördliche Maßnahmen dazu zwingen (z.B. Betretensverbote) oder aufgrund behördlicher Maßnahmen ein sinnvoller Weiterbetrieb nicht möglich ist (z.B. weil überwiegende Teile der Beschäftigten des Auftragnehmers unter Quarantäne gestellt worden sind). Dies jeweils aber eine Frage des Einzelfalls.

Corona-Pandemie als höhere Gewalt

Zum vertragsrechtlichen Umgang mit Bauablaufstörungen gibt der Erlass den Hinweise, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich geeignet sei, den Tatbestand der höheren Gewalt im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/B zu erfüllen. Höhere Gewalt kann jedoch auch in der jetzigen Ausnahmesituation nicht pauschal angenommen werden, sondern ist deren Vorliegen im Einzelfall zu prüften. Beruft sich der Unternehmer auf höhere Gewalt, hätte er darzulegen, warum er die beauftragte Leistung nicht erbringen kann.

Der Erlass klärt außerdem darüber auf, wann das z. B. der Fall sein kann. Der bloße Hinweis auf die Corona-Pandemie und eine rein vorsorgliche Arbeitseinstellung erfülle den Tatbestand der höheren Gewalt nicht. Besonderes „Vorsicht“ sei geboten, falls der Auftragnehmer schon bei der bisherigen Leistungserbringung Schwierigkeiten gehabt habe und sich nun auf die Corona-Pandemie berufe, heisst es in dem Erlass.

Der Erlasst weist ferner darauf hin, dass höhere Gewalt auch auf Seiten des Auftraggebers eintreten kann, beispielsweise, weil die Projektleitung unter Quarantäne gestellt wird. Weiter klärt der Erlass darüber auf, welche Rechtsfolgen bei höherer Gewalt eintreten, namentlich eine etwaige Verlängerung der Ausführungsfristen um die Dauer der Behinderung zzgl. einem Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten (§ 6 Abs. 4 VOB/B). Einen finanziellen Ausgleich für die Zeit des „Stillstehens“ werden die Auftragnehmer wohl nicht erhalten müssen. Wie schon zu ungünstigen Witterungsverhältnissen, die nach Ansicht des BMI – nachvollziehbar – mit denen der Pandemie vergleichbar sind, kommt der Auftraggeber nicht in für eine Entschädigung auf Grundlage von § 642 BGB vorausgesetzten Annahmeverzug (BGH, Urteil vom 20.04.2017 – VII ZR 194/13).

Unverzügliche Prüfung und Begleichung von Rechnungen

Im Übrigen habe gemäß dem Erlass in der jetzigen Sitution die unverzügliche Prüfung und Begleichung von Rechnungen einen besonders hohen Stellenwert. Die Dienststellen sind angehalten, das durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Auf die Möglichkeit, gegen Bürgschaftsleistung des Auftragnehmers Vorauszahlungen zu leisten (§ 16 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B) wird ausdrücklich hingewiesen. Falls Vorauszahlungen geleistet werden, sind Zinsen dafür nicht zu fordern (vgl. § 16 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 VOB/B). Der Erlass geht im Übrigen auf Vereinfachungen beim Leistungsnachweis ein.

Das alles dürfte auch im Rahmen aller anderen Bauvorhaben beachtlich sein mit dem Ergebnis rechtskonformer und fairer Lösungen.