Das LG München I hat mit Beschluss vom 24.09.2019 – 5 O 13187/19 – auf der Grundlage des EuGH-Urteils vom 04.072019 entschieden:

1. Aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts sind die nationalen Gerichte verpflichtet, die für unionsrechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI zu den Mindestsätzen nicht mehr anzuwenden.

2. Die Mindestsätze der HOAI sind auch nicht zwingend die „übliche Vergütung“ nach § 632 Abs. 2 BGB.

3. Der Umbauzuschlag nach § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI dient der Durchsetzung der Mindestpreisgarantie und ist deshalb ebenso unanwendbar.

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) wurde durch den Auftraggeber (AG) mit den Gewerken Heizung, Lüftung, Sanitär (HLS) und Elektrotechnik im Rahmen der Sanierung und des Dachausbaus eines Häuserblocks beauftragt. Der AN wollte im Wege der einstweiligen Verfügung eine Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung seines Anspruchs erwirken. Er stützte seinen Anspruch auf die schriftlichen Vereinbarungen, teils auf die HOAI unter Einbeziehung eines Umbauzuschlags i. H. v. 20 Prozent und zog bereits geleistete Zahlungen ab. Der AN meint, dass hinsichtlich der Gewerke ohne schriftliche Vereinbarung die Mindestsätze nach der HOAI nach wie vor anwendbar seien und macht das nach der HOAI berechnete Honorar als Forderung geltend.

Entscheidung

Das LG München I ist mit dem OLG Celle (Urteil vom 17.07.2019 – 14 U 188/18 – sowie dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 17.09.2019 – 23 U 155/18 -) der Auffassung, dass aufgrund des EuGH-Urteils vom 04.07.2019 die Mindestsätze nach der HOAI unanwendbar sind. Mit der Feststellung des EuGH zur Unionsrechtswidrigkeit der Mindestsätze nach der HOAI gehe eine Pflicht der deutschen Gerichte einher, das unionsrechtswidrige Preisrecht unangewendet zu lassen. Dies schließe auch die Regelung nach § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI („Sofern keine schriftliche Vereinbarung (Anm.: zum Umbauzuschlag) getroffen wurde, wird unwiderleglich vermutet, dass ein Zuschlag von 20 Prozent ab einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad vereinbart ist.“) zum Umbauzuschlag ein, da diese der Durchsetzung der Mindestpreisgarantie diene. Auch seien die Mindestsätze der HOAI nicht als die übliche Vergütung nach § 632 Abs. 2 BGB anzusehen. Erforderlich sei eine Ermittlung des Honorars im Wege eines Sachverständigengutachtens.

Welchen Massstab ein Sachverständiger zugrunde legen könnte, blieb in der Entscheidung des Landgericht München I freilich offen.

Es bleibt also spannend!