Leipzig 2016Mit dem BGH Urteil vom 24.03.2016 – VII ZR 201/15 geht der BGH in Abweichung zu seiner bisherigen Meinung davon aus, dass jedenfalls ein auf der Grundlage des Formblatts 221 (VHB 2008) kalkulierter Zuschlag für Wagnis nicht als ersparte Aufwendung von der Vergütung nach § 649 Satz 2 BGB, § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B in Abzug zu bringen ist, weil dieses als allgemeines unternehmerisches Risiko gelten soll (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 30. Oktober 1997, VII ZR 222/96, BauR 1998, 185).

Die Klägerin durfte die Überschrift in dem von der Beklagten vorgeschriebenen Formblatt 221 „Wagnis und Gewinn“ dahin verstehen, dass mit dieser Kostenposition der für das allgemeine Unternehmerrisiko kalkulierte Zuschlag angegeben werden sollte. Hierfür spricht insbesondere, dass in dem Formblatt zwischen Wagnis und Gewinn nicht gesondert unterschieden wird und die so ermittelten Zuschläge zur Ermittlung der Einheitspreise im Formblatt 223 auf die für die angebotenen Teilleistungen ermittelten Herstellungskosten jeweils aufzuschlagen waren. Daraus folgt, dass es sich bei der Position „Wagnis und Gewinn“ nicht um Kosten handelt, die lediglich ein im Hinblick auf eine bestimmte Teilleistung bestehendes Wagnis abgelten sollen. Soll das Wagnis nicht zu den projektbezogene Herstellungskosten oder variable, projektbezogene Gemeinkosten zähle, gehört es wie Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten zu den nicht projektbezogen Kosten. Ein solcher Wagniszuschlag zur Absicherung des allgemeinen Unternehmerrisikos steht daher dem Auftragnehmer ebenso wie Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten unabhängig davon zu, ob die vertraglich vereinbarte Leistung infolge der Kündigung des Vertrags durch den Auftraggeber nicht mehr zur Ausführung gelangt. Denn das durch den Geschäftsbetrieb im Allgemeinen begründete Risiko des Auftragnehmers besteht unabhängig davon, ob im Einzelfall der Vertrag ausgeführt wird.

Soweit der BGH in seiner Entscheidung 30. Oktober 1997 – VII ZR 222/96, BauR 1998, 185 diesbezüglich etwas anderes entnommen werden könnte, hält der BGH daran nicht fest.

Anders zu beurteilen sind nur Zuschläge für Einzelwagnisse, die die mit der Leistungserstellung in den einzelnen Tätigkeitsgebieten des Betriebs verbundenen Verlustgefahren abgelten sollen. Die für solche Wagnisse kalkulierten Kosten können im Sinne von § 649 Satz 2 BGB, § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B erspart sein, wenn sie mit der Leistung oder Teilen von ihr verbunden sind, die infolge der Kündigung des Auftraggebers nicht mehr zur Ausführung kommen. Der Auftragnehmer hat sich diese kalkulierten Kosten dann als ersparte Aufwendungen nach § 649 Satz 2 BGB, § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOB/B anrechnen zu lassen. Denn er ist das mit dieser Kostenposition vergütete Risiko tatsächlich nicht eingegangen, wenn es nicht zur Ausführung der mit diesem Risiko verbundenen Vertragsleistung kommt.