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Themen

  • Aus – und Wiedereinbaukosten bei Mängeln im Handelskauf
  • Selbstbeseitigung eines Mangels – Automatischer Verjährungsbeginn nach fruchtlosem Fristablauf zur Mängelbeseitigung
  • Schadensersatz wegen unverhältnismäßiger  Nacherfüllung
  • Sicherungskarte der Schließanlage – Ersatz

Aus- und Wiedereinbaukosten bei Mängel im Handelskauf

Nachdem der BGH am 21.12.2011, Az.: VII ZR 70/08, zumindest für ein Kaufgeschäft mit Verbraucherbeteiligung im Lichte des Europarechtes § 439 BGB dahin auslegte, dass neben der reinen Nacherfüllung auch die Folgekosten etwa des Aus- und Einbaus VERSCHULDENSUNABHÄNGIG getragen werden müssten, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 17.10.2012, Az.: VII ZR 226/11, nunmehr für einen Handelskauf die Einstandspflicht des Veräußerers eingeschränkt. Der entsprechende Leitsatz lautet:

„§ 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die Nacherfüllungsvariante  – Lieferung einer mangelfreien Sache –  neben dem Ausbau und Abtransport der mangelhaften Kaufsache auch den Einbau der als Ersatz gelieferten Sache erfasst (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 16. Juni 2011 – Rechtssachen C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269; Senatsurteil vom 21. Dezember 2011 – VIII ZR 70/08, NJW 2012, 1073).
Diese richtlinienkonforme Auslegung des § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB ist auf den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) beschränkt und erstreckt sich nicht auf Kaufverträge zwischen Unternehmern oder zwischen Verbrauchern. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2012 – VIII ZR 226/11.“

Trotz des selben Wortlautes in § 439 Abs. 1 BGB gilt jetzt ernsthaft für den Kaufvertrag zum Verbraucher etwas anderes als wenn ein solcher nicht beteiligt ist.

Dies wird den Händler freuen.

Zugleich soll diese Rechtsprechung nicht ausblenden, dass ein Händler – sein Verschulden angenommen – natürlich im Rahmen des dann geltenden Schadensersatzes für den Aus- und Wiedereinbau VERSCHULDENSABHÄNGIG haftet. Im Rahmen des Schadensersatzanspruches nach § 280 Abs. 1 BGB muss dem Verkäufer freilich ein Verschulden treffen. Dies wird man regelmäßig annehmen, es sei denn, der Verkäufer ist nur Zwischenhändler und muss sich deswegen das Verschulden des Herstellers nach der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht zurechnen lassen, weil es an der Erfüllungsgehilfeneigenschaft des § 278 BGB fehlen soll.

Selbstbeseitigung eines Mangels – Automatischer Verjährungsbeginn nach fruchtlosem Fristablauf zur Mängelbeseitigung

BGH, 11.9.2012, XI ZR 56/11:

  1.  Das Recht des Auftraggebers auf Selbstbeseitigung eines Mangels entsteht nach § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B, ebenso wie nach den § 634 Nr. 2, § 637 BGB, mit fruchtlosem Fristablauf. Der Geltendmachung eines auf Geld gerichteten Gewährleistungsanspruchs durch den Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer bedarf es dazu nicht.
  2.  In diesen Fällen entsteht damit auch der Anspruch des Auftraggebers aus einer auf Zahlung gerichteten Gewährleistungsbürgschaft, wenn die in § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B genannten Voraussetzungen vorliegen, ohne dass ein auf Gewährleistung gestützter Zahlungsanspruch geltend gemacht werden muss.
  3.  Es widerspricht dem Schutzzweck des Rechtsinstituts der Verjährung, den Beginn der Verjährungsfrist an eine Leistungsaufforderung des Gläubigers zu knüpfen, da es dieser dann in der Hand hätte, den Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungshemmender Maßnahmen weitgehend beliebig hinauszuzögern (Bestätigung des Senatsurteils vom 29. Januar 2008, XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 24).

Schadensersatz wegen unverhältnismäßiger  Nacherfüllung

BGH, 11.10.2012, VII ZR 180/11:

  1. Der Besteller kann unter den Voraussetzungen von § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1 BGB ohne vorherige Fristsetzung Schadensersatz statt der Leistung für Mängel der Werkleistung beanspruchen, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung hinsichtlich dieser Mängel gemäß § 635 Abs. 3 BGB zu Recht als unverhältnismäßig verweigert hat.
  2. Macht der Besteller werkvertraglichen Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten geltend, entsprechen die für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit dieses Aufwands nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB maßgeblichen Kriterien denen, die bei der gemäß § 635 Abs. 3 BGB gebotenen Prüfung des unverhältnismäßigen Nacherfüllungsaufwands heranzuziehen sind.

Sicherungskarte der Schließanlage – Ersatz

Die Sicherungskarte dient u.a. dem Eigentumsnachweis an einer Schließanlage. Tatsächlich aber geht bereits mit dem Einbau der Schließanlage das Eigentum von Verkäufer/Monteur auf den Eigentümer des zu sichernden Objektes über, § 94 BGB. Deswegen verliert dieser sein Eigentum nicht, wenn etwa die Schließkarte nicht ausgehändigt wird oder wenn diese verloren geht. Neben der also nur noch deklaratorischen Beurkundungsfunktion verbleibt der eigentliche Zweck der Sicherungskarte, dass Nachschlüssel nur an den Eigentümer/Berechtigten des Objektes ausgehändigt werden.

Wenn eine Sicherungskarte verloren geht, kann meistens eine Ersatz-Karte ausgestellt werden. Es muss dann ein Sperre in der Schließanlagendokumentation vermerkt werden, wodurch die alte Karte unwirksam wird.

Wenn z.B. ein Monteur die Karte zurückbehält, wäre es unverhältnismäßig, deswegen eine Herausgabeklage führen zu müssen oder gar zur Beschleunigung die ganze Schließanlage auswechseln zu müssen. Vielmehr hat der rechtmäßige Besitzer der Immobilie das Recht, im Wege der Ersatzvornahme eine neue Karte einzuholen. Da der Verkäufer/Monteur mit dem Einbau sein Eigentum an der Anlage wegen § 94 BGB kraft Gesetzte ohnehin schon verloren hat, bleibt dieser wie im Baugeschehen üblich, auf die Durchsetzung seines Zahlungsanspruches beschränkt. Würde der Verkäufer/Monteur die Anlage gegen den Willen des Berechtigten wieder ausbauen, wäre dies schlicht Diebstahl nach § 242 BGB und begründete auch die zivilrechtliche Haftung nach § 280 BGB und § 823 BGB.